- Bei den Parlamentswahlen in Bulgarien ist die bürgerliche Oppositionspartei GERB mit rund 25.4 Prozent der Stimmen stärkste Partei geworden.
- Auf Platz zwei landete mit knapp 20 Prozent die regierende liberale PP («Wir führen den Wandel fort») des im Juni gestürzten Regierungschefs Kiril Petkow.
- Die drei Parteien der regierenden Koalition verloren ihre Mehrheit. Damit ist unklar, welche Parteien gemeinsam eine neue Regierung bilden könnten.
Gemäss amtlichen Zwischenergebnissen und Prognosen mehrerer Meinungsforschungsinstitute hat die prowestliche bürgerliche Oppositionspartei GERB des langjährigen Ministerpräsidenten Boiko Borissow die vorgezogene Parlamentswahl gewonnen. Borissow war im April 2021 nach Korruptionsvorwürfen abgewählt worden.
Etwas mehr als 20 Prozent erreichte die regierende liberale PP («Wir führen den Wandel fort») von Ex-Regierungschef Kiril Petkow. Sie liegt damit auf Platz zwei. Die drei Parteien in Petkows früherer Koalitionsregierung aus PP, Sozialisten und dem konservativ-liberal-grünen Bündnis DB kämen demnach zusammen auf rund 38 Prozent.
Ins Parlament könnten zwischen sechs und acht Parteien einziehen. Unter ihnen ist erneut auch die prorussische und nationalistische Wasraschdane («Wiedergeburt»), die mit rund elf Prozent der Stimmen rechnen kann.
Vor den Wahlen waren mögliche Bündnisse ausgeschlossen worden und mehrere Parteien warfen einander vor, korrupt zu sein. Es war bereits die vierte Parlamentswahl seit rund eineinhalb Jahren im ärmsten EU-Land.
Die Wahlbeteiligung war tief. Die amtlichen Ergebnisse werden erst in den kommenden Tagen erwartet.
Kampf gegen Korruption
Vor der Wahl hatte die PP eine Koalition mit Borissows GERB ausgeschlossen. Sie warf Borissow und seiner Partei Korruption vor.
Unter dem Motto «Lasst uns unsere Arbeit abschliessen» will die PP den Kampf gegen die Korruption weiter fortsetzen. Sie versprach auch, die Inflation zu zügeln, einem Nato- und EU-Kurs zu folgen und 2024 den Euro einzuführen.
Hat Moskau die Finger im Spiel?
Nach nur sechs Monaten im Amt war die von der PP angeführte liberal-sozialistische Koalitionsregierung im Juni durch ein Misstrauensvotum gestürzt worden. Ex-Regierungschef Petkow sieht Moskau hinter dem Scheitern seines Kabinetts. Vorhaben zur Bekämpfung der Korruption blieben auf der Strecke.
Bis eine neue Regierung steht, wird ein von Staatschef Rumen Radew eingesetztes, tendenziell moskaufreundliches Übergangskabinett die Amtsgeschäfte weiterführen.
Die Sorgen der rund sieben Millionen Bulgarinnen und Bulgaren drehten sich im Wahlkampf vor allem um die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und steigende Preise. Die Inflation lag im August im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 17.7 Prozent.
Hohe Energiepreise beschäftigen die Menschen mehr als die Korruption im Land. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Kopf war Bulgarien im vergangenen Jahr der ärmste Staat der EU.