Was ist die Grundlage des politischen Systems in Iran? Es basiert auf dem Welajate-Faghih-System («Statthalterschaft des Rechtsgelehrten»), in dem der oberste religiöse Führer des Landes de facto Staatsoberhaupt ist. Von 1979 bis 1989 hatte Revolutionsführer Grossajatollah Ruhollah Chomeini diese Funktion. Nach dessen Tod 1989 wurde Ajatollah Ali Chamenei vom Expertenrat zum neuen obersten Führer und geistlichen Oberhaupt ernannt. Seither übt Chamenei das Amt aus.
Islamische Republik Iran: Die iranische Führung behauptet, eine «religiöse Demokratie» zu sein. Das ist nicht ganz falsch. In Iran werden Präsident, Parlament und Expertenrat vom Volk gewählt. Wer jedoch zur Wahl steht, entscheidet gemäss Verfassung der sogenannte Wächterrat. Der Wächterrat bestimmt auch, ob die Kandidaten regimetreu sind oder nicht. Doch wann ist Kritik am Establishment legitim, wann wird sie zur Gefährdung der nationalen Sicherheit? Die Kriterien dafür sind unklar – und über die Grauzone wird seit Jahren heftig diskutiert.
Wer entscheidet über die Politik des Landes? Der Präsident ist politisch verantwortlich für Innen-, Aussen- und Wirtschaftspolitik. Zwar ist der oberste Führer Staatsoberhaupt und steht über dem Präsidenten, mischt sich aber nicht direkt in die Arbeit von Regierung, Justiz oder Parlament ein. Bei strategischen Belangen hat der Führer allerdings das letzte Wort. Der Präsident kann in solchen Fällen nicht alleine entscheiden.
Welche Rollen spielen der Experten- und der Wächterrat? Der Expertenrat ist ein Gremium von 88 Klerikern, das den Führer ernennt und dessen Arbeit kontrolliert. Da die Mitglieder demokratisch gewählt werden, ist nach der Verfassung auch die Ernennung des Führers Teil eines demokratischen Prozesses. Der Wächterrat ist auf der anderen Seite ein konstitutionelles Kontrollgremium mit zwölf Mitgliedern. Sechs davon sind vom Führer ernannte Kleriker, sechs vom Parlament gewählte Juristen. Jedes Gesetz muss von diesem Rat bestätigt werden. Ausserdem entscheidet der Rat über die ideologische Qualifikation der Kandidaten für die Wahlen von Präsident, Parlament und Expertenrat.
Gibt es in Iran verschiedene Parteien? In Iran gibt es zwar zahlreiche Parteien, die aber eher wie politische Fraktionen und Gruppierungen agieren. Daher werden sie in den Medien auch «Dschenah» (Flügel) genannt. Besonders hochrangige Politiker behaupten immer, sie seien überparteilich. Die Fraktionen können in drei Gruppen aufgeteilt werden: in Konservative, Fundamentalisten – darunter auch Hardliner – und Reformer.
Was wollen Konservative, Hardliner und Reformer? Die Konservativen und die Fundamentalisten halten sich beide an die Werte der Revolution und sind absolut regimetreu. Nur ein Teil der Konservativen ist auch offen für kontrollierte Beziehungen mit dem Westen und begrenzte innenpolitische Reformen. Die Fundamentalisten stehen den Hardlinern näher. Die sehen im Westen den imperialistischen Feind und wollen eine rein islamische Gesellschaft, fern von allem Westlichen. Die Reformer wollen hingegen aussen- und wirtschaftspolitisch gute Beziehungen mit dem Westen. Auch innen- und kulturpolitisch sowie gesellschaftlich fordern sie mehr Freiheiten.