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Moçambique: Wahlen bringen wohl kaum Veränderung
Aus Rendez-vous vom 08.10.2024. Bild: REUTERS/Siphiwe Sibeko
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Wahlen in Ostafrika Regierungspartei in Moçambique vor beinahe sicherem Sieg

Rund 17 Millionen Wählerinnen und Wähler treten heute an die Urnen – im Schatten schwerer Betrugsvorwürfe.

Der Favorit: Daniel Chapo, der 47-jährige Kandidat der regierenden Frelimo-Partei, tritt bei den Wahlen 2024 an, um den scheidenden Präsidenten Filipe Nyusi zu ersetzen. Er ist der erste Frelimo-Kandidat, der nach der Unabhängigkeit Moçambiques von Portugal im Jahr 1975 geboren wurde. Chapo setzt sich besonders für Frieden und Sicherheit in der von islamistischen Aufständen betroffenen Region Cabo Delgado ein. Vor seiner politischen Karriere arbeitete er als Radiomoderator, später war er Dozent für Rechtswissenschaften. 2016 wurde er Gouverneur der Provinz Inhambane. In der nationalen Politik gilt Chapo als relativ neues Gesicht. Experten vermuten, dass er deshalb von Frelimo-Oligarchen leicht zu kontrollieren ist. Daniel Chapo wird aufgrund des weitverbreiteten Verdachts auf Wahlbetrug von unabhängigen Beobachtern als nahezu sicherer Wahlsieger betrachtet.

Daniel Chapo sthet mit rotem T-Shirt auf einer Bühne. Hinter ihm hängt ein Wahlplakat mit dem Foto seines Kopfs.
Legende: Daniel Chapo, Präsidentschaftskandidat der regierenden Frelimo-Partei, spricht bei der Abschlusskundgebung am 6. Oktober 2024 in Matola – nur wenige Tage vor den nationalen Wahlen in Moçambique. Reuters/Siphiwe Sibeko

Der Gegenkandidat: Venâncio Mondlane, 50, tritt als Kandidat der Partei Podemos an. Zuvor war er Mitglied der grossen Oppositionspartei Renamo. Er verliess die Partei diesen Sommer, um eine eigene politische Richtung einzuschlagen. Besonders bei den Jungen findet er grossen Zuspruch, da er sich deutlich gegen die Frelimo-Herrschaft und für Transparenz und soziale Gerechtigkeit einsetzt. Trotz Kritik, er sei ein populistischer Aussenseiter, sehen viele in ihm eine echte Alternative zum politischen Establishment.

Venâncio Mondlane, Präsidentschaftskandidat der Partei PODEMOS, tanzt auf Autodach. Er ist umgeben von Unterstützern.
Legende: Venâncio Mondlane, Präsidentschaftskandidat der Partei Podemos, an einer Wahlkampfveranstaltung in Chimoio, Moçambique. Keystone/Epa Lusa

Die Wahl: Am 9. Oktober 2024 wählen rund 17 Millionen registrierte Wähler in Moçambique den nächsten Präsidenten, das Parlament sowie die Provinzversammlungen. Die Abstimmung erfolgt innerhalb eines Tages, und die Auszählung beginnt unmittelbar danach. Teilergebnisse werden nach und nach bekannt gegeben, und das endgültige Resultat innert 15 Tagen durch die Nationale Wahlkommission publiziert.

Flyer von politischen Gruppen hängen an der Wand, in den roten Farben der FRELIMO. Zwei Frauen laufen daran vorbei.
Legende: Am Mittwoch wird in Moçambique gewählt. Die Resultate werden innert 15 Tagen erwartet. Keystone/Epa Lusa

Doch der Wahlprozess wird von schweren Betrugsvorwürfen überschattet. Es gibt Hinweise auf bis zu eine Million «Geisterwähler» – also fiktive Registrierungen, die das Wahlergebnis zu Gunsten der regierenden Frelimo-Partei beeinflussen könnten. Wahlbeobachter wie das Centro de Integridade Pública (CIP) haben diese Unregelmässigkeiten dokumentiert und betonen, dass diese gefälschten Wählerstimmen besonders in Frelimo-Hochburgen eine Rolle spielen dürften. Auch gibt es Hinweise darauf, dass Wahlkommission und staatliche Institutionen nicht unabhängig agieren und so den Wahlprozess zugunsten der Regierungspartei beeinflussen könnten​.

Wahlthema Sicherheit: Besonders der islamistische Aufstand in der nördlichen Provinz Cabo Delgado bedroht nicht nur die Sicherheit, sondern auch die wirtschaftliche Zukunft des Landes.

Rwandische Truppen fahren mit Booten durch einen Hafen in Cabo Delgado, Moçambique.
Legende: Ruandische Truppen patrouillieren mit Booten in einem Hafen der Provinz Cabo Delgado, Moçambique. Sie kämpfen seit 2021 an der Seite der Armee Moçambiques gegen islamistische Extremisten im Norden des Landes. Keystone/Marc Hoogsteyns

Seit 2017 terrorisiert die islamistische Miliz Ahlu Sunna Wal Jama'ah, die dem IS nahesteht, die Region. Seither hat sie Tausende getötet und über eine Million Menschen zur Flucht gezwungen. Die Gewalt hat zudem wichtige Gasprojekte, wie das 20-Milliarden-Dollar-Vorhaben des französischen Konzerns TotalEngeries, zum Stillstand gebracht​.

Ahlu Sunna Wal Jama’ah

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Die Terrormiliz Ahlu Sunna Wal Jama'ah (ASWJ) kämpft seit 2017 im Norden Moçambiques. 2019 schloss sie sich dem Islamischen Staat an. Die Gruppe verfolgt das Ziel, in der Provinz Cabo Delgado einen islamischen Staat zu errichten, der auf der Scharia basiert. Sie nutzt die Armut und politische Marginalisierung in der Region, um neue Kämpfer zu rekrutieren.

Seit 2017 hat die Miliz Tausende Menschen getötet und fast eine Million zur Flucht gezwungen. Die Angriffe der Gruppe richten sich oft gegen staatliche Einrichtungen, Dörfer und internationale Projekte. Besonders stark betroffen ist die Region um Palma, wo das 20-Milliarden-Dollar-Gasprojekt von Total liegt. Dieses wurde 2021 wegen der Angriffe der Miliz gestoppt.

Trotz Bemühungen konnte die Armee Moçambiques die Miliz bisher nicht besiegen. Seit 2021 erhält sie Unterstützung von internationalen Truppen aus Ruanda und der Südafrikanischen Entwicklungsgemeinschaft. Dies hat die Sicherheitslage zwar etwas verbessert, sie bleibt aber fragil. Total plant, die Bauarbeiten Ende 2024 wieder aufzunehmen.

Wahlthema Wirtschaft: Auch die Wirtschaft des Landes steht auf der Kippe. Der berüchtigte «Thunfisch-Anleihen»-Skandal, bei dem über 1.5 Milliarden US-Dollar an Krediten verschwanden und auch die Credit Suisse involviert war, brachte Moçambique in eine tiefe Wirtschaftskrise. Die Staatsverschuldung ist fast so hoch wie das jährliche BIP, was die Handlungsspielräume der Regierung stark einschränkt.

Der «Thunfisch-Anleihen»-Skandal

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Es war einer der folgenreichsten Korruptionsskandale in Mosambik. 2013 nahm die Regierung unter anderem mit Hilfe der Credit Suisse (CS) illegale Kredite über 2 Milliarden US-Dollar auf. Auf dem Papier hätten damit eine Thunfischfangflotte und Boote für verbesserten Küstenschutz gekauft werden sollen. Stattdessen verschwand ein Grossteil des Geldes in den Taschen der Elite Moçambiques, europäischer Banker und von Geschäftsleuten aus dem Nahen Osten.

Als der Skandal 2016 aufflog, geriet Moçambique in eine schwere Schuldenkrise. Internationale Geldgeber, darunter der IWF und die Weltbank, setzten ihre Unterstützung aus. Auch die Schweiz stoppte Hilfsgelder. Eine Untersuchung zeigte, dass zwischen 2016 und 2019 fast zwei Millionen Mosambikaner in die Armut rutschten.

Nach jahrelangen Rechtsstreitigkeiten einigte sich die UBS, die nun die CS besitzt, letztes Jahr aussergerichtlich mit Moçambique. Dabei wurden mehr als eine halbe Milliarde Dollar Schulden erlassen. 2021 hatte die CS bereits 475 Millionen Dollar an Strafen gezahlt.

Rendez-vous, 08.10.2024, 12:30 Uhr;flus;kobt ; 

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