Macho. Das Wort stammt nicht zufällig aus dem Spanischen. Lange galt Spanien als Hort übersteigerter Männlichkeit – des Machismo. Doch in den letzten Jahren profilierte sich Spanien vielmehr als Land des Feminismo.
Die linke Regierung unter dem sozialistischen Premier Pedro Sánchez verabschiedete gleich mehrere progressiv-feministische Gesetze. So wechselte sie im Sexualstrafrecht zur «Nur Ja heisst Ja»-Regel, führte ein Recht auf arbeitsfreie Tage bei Menstruationsbeschwerden ein, erleichterte die Änderung des Geschlechtseintrags oder kündigte ein Frauenquotengesetz an.
Dass die feministischen Anliegen so stark Aufwind bekommen haben, hat auch mit dem Druck der Strasse zu tun. Am 8. März, dem internationalen Tag der Frau, gehen in Spanien besonders viele Menschen auf die Strasse. Historisch war der Aufmarsch 2018, als in den Städten des Landes über fünf Millionen Menschen für Frauenanliegen demonstrierten.
Frauenrechte: Spanien hinkte lange hinterher
Zwar sei Spanien in den letzten Jahren tatsächlich besonders progressiv gewesen, sagt die Soziologin Carmen Meneses Falcón von der Comillas-Universität in Madrid. Man dürfe aber nicht vergessen, dass das Land enormen Nachholbedarf gehabt habe.
Bis zum Ende der Franco-Diktatur, also bis Ende der 1970er-Jahre, waren Frauen praktisch rechtlos, konnten nicht alleine reisen, sich nicht scheiden lassen, durften nicht wählen.
In der spanischen Gesellschaft habe ein entsprechendes Frauenbild vorgeherrscht: «Vor der Demokratie wurde von Frauen erwartet, dass sie gute Mütter und gute Ehefrauen waren. Wer diesem Bild nicht entsprach, galt entweder als Prostituierte oder schlicht als schlechte Frau.»
Für die Soziologin ist klar, dass der Wechsel zur Demokratie die Gesellschaft nicht auf einen Schlag verwandelte: «Alle diese sozialen und kulturellen Bilder sind nach der Diktatur nur langsam verschwunden. Man kann eine Gesellschaft nicht mit Gesetzen ändern.»
Der leise Kampf mit Büchern
Die Gesellschaft verändern, im feministischen Sinn: Dafür setzt sich Alba Varela Lasheras seit Jahren ein. Sie führt in Madrid die Buchhandlung «Librería Mujeres» – eine Institution im spanischen Feminismus. Mitbegründet hatten sie Alba Varelas Mutter und Grossmutter vor über 40 Jahren.
Die Buchhändlerin, die seit ihrer Jugend als Aktivistin mit dabei ist, ist begeistert von der Kraft, die die feministische Bewegung in den letzten Jahren erlangt hat. «Sie hat sich vervielfacht! In den 1990er-Jahren waren jeweils rund 800 Leute an den Demos, nun sind es Hunderttausende geworden.»
Heute sind wir mit einem verrückten, realitätsverleugnenden Antifeminismus konfrontiert.
Seit dem riesigen Aufmarsch 2018 beobachtet sie aber eine Gegenbewegung. «Es ist nicht mehr dasselbe. Damals gab es diesen verrückten, realitätsverleugnenden Antifeminismus noch nicht, mit dem wir heute konfrontiert sind.» Sie spricht dabei die rechtspopulistische Vox-Partei an, die bestreitet, dass es geschlechtsspezifische Gewalt gebe, und sich vehement gegen jegliche Genderpolitik wendet.
Damit aber nicht genug. Auch die feministische Bewegung selbst ist gespalten und streitet zum Beispiel heftig rund um das Thema Transgender. Alba Varela selbst versucht, sich diesen Auseinandersetzungen zu entziehen. In ihrer Buchhandlung finde man Bücher aller Strömungen. «Die Buchhandlung ist ein Ort des Dialogs. Hier geht es immer darum, die Diversität der Meinungen aufzuzeigen. Und zu zeigen, dass man zusammenarbeiten kann.»