- Einen Tag vor der Präsidentschaftswahl in der Türkei hat Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt, auch im Fall einer Niederlage das Ergebnis der Abstimmung zu akzeptieren.
- Er gehe jedoch davon aus, dass er für eine weitere Amtszeit gewählt werde, sagte Erdogan weiter.
- Bei der richtungsweisenden Wahl am Sonntag zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Erdogan und Oppositionsführer Kilicdaroglu ab.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat seinen Herausforderer einen Tag vor der Wahl erneut scharf attackiert. Kemal Kilicdaroglu nehme Befehle von «Terroristen» entgegen, sagte Erdogan am Samstag bei einem Wahlkampfauftritt in Istanbul. «Wir erhalten unsere Befehle von Gott und unserer Nation. Das ist der Unterschied zwischen uns.»
Eine Niederlage bei der Parlaments- und Präsidentenwahl wolle er jedoch akzeptieren, machte er am Abend zuvor deutlich. «In der Türkei kommen wir mit demokratischen Mitteln an die Macht», sagte Erdogan am Freitagabend in Istanbul. Wenn sich die Nation am Sonntag gegen ihn entscheide, werde er tun, «was die Demokratie erfordert». Er gehe jedoch davon aus, dass er für eine weitere Amtszeit gewählt werde und mit dem Bündnis um seine islamisch-konservative AKP eine Mehrheit im Parlament erlange.
Erdogans Herausforderer
Kemal Kilicdaroglu fordert den Amtsinhaber bei der Wahl heraus. Er ist Chef der sozialdemokratischen CHP und tritt für ein breites Bündnis aus sechs Parteien an und will zum parlamentarischen System zurückkehren. Erdogan warnte, ein Sieg Kilicdaroglus werde islamische und familiäre Werte in der Türkei sowie die Beziehungen zu Russland gefährden. Er beschuldigte westliche Politiker, darunter US-Präsident Joe Biden, seine Abwahl zu wollen.
Oppositionsführer Kilicdaroglu appellierte unterdessen an seine Unterstützer, die Wahlurnen nicht aus den Augen zu lassen. «Ihr gebt niemals auf und verlasst euren Posten nicht», sagte er in einem auf Twitter verbreiteten Video. Es habe Drohungen gegen Wahlhelfer gegeben, sagte er, ohne ins Detail zu gehen. Der Wahlkampf hatte sich zuletzt zugespitzt. Ein beliebter Oppositionspolitiker war vergangenen Sonntag mit Steinen beworfen worden, mehrere Menschen wurden verletzt.
Am letzten Tag vor der Wahl stellten die beiden Gegner ihre unterschiedliche Vision für die Türkei symbolisch zur Schau: Erdogan plant, seinen Wahlkampf mit einem Gebet in der berühmten Hagia Sophia in Istanbul abzuschliessen. Er hatte das Monument trotz Protest 2020 von einem Museum in eine Moschee umwandeln lassen. Kilicdaroglu dagegen beendete seinen Wahlkampf mit einem Besuch am Mausoleum des Gründers der säkularen Republik, Mustafa Kemal Atatürk, in Ankara.