- Die Deutsche Bahn (DB) stellt wegen eines Warnstreiks den gesamten Fernverkehr für rund zwei Tage vollständig ein.
- Ab Sonntagabend um 22 Uhr bis am Ende des Dienstags fallen sämtliche Fernverkehrszüge in Deutschland aus.
- Zuvor hatte die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) für diesen Zeitraum einen 50-stündigen Warnstreik angekündigt.
Zum Warnstreik aufgerufen sind alle Berufsgruppen bei der Bahn – also auch die Mitarbeiter an den Stellwerken, die den gesamten Bahnverkehr auf dem deutschen Schienennetz koordinieren. Dadurch hat der Warnstreik sehr grosse Auswirkungen – er wird absehbar auch Bahn-Unternehmen treffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind. Auch der Güterverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen.
Keine Nachtzüge aus der Schweiz nach Deutschland
Reisende können für den betroffenen Zeitraum gebuchte Tickets flexibel nutzen, teilte die Deutsche Bahn mit. Auch im Regionalverkehr werde «während des Streiks grösstenteils kein Zug fahren».
DB-Personalvorstand Martin Seiler hatte zuvor betont, dass zumindest bis zum Warnstreikbeginn am Sonntagabend der Bahnverkehr weitgehend reibungslos aufrechterhalten werden könne. Erst von Sonntagabend an geht die Bahn von «massiven Auswirkungen» auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus.
Keine grossen Auswirkungen hat der Warnstreik auf den Schweizer Zugverkehr. Alle grenzüberschreitenden Züge werden auf den Schweizer Streckenabschnitten ersetzt, meldet die SBB auf Anfrage von SRF. Bereits am Sonntagabend werden die Nachtzüge in Richtung Deutschland aber ausfallen.
Verhandlungen zwischen der DB und EVG
Die Bahn hatte zunächst bis zum späten Donnerstagabend in Gesprächen mit der EVG versucht, den Warnstreik abzuwenden. EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch sprach in der Nacht zu Freitag allerdings von «Scheinangeboten» des Arbeitgebers. Die EVG vertritt bei der Bahn 180'000 Beschäftigte aus fast allen Bereichen und hat auch sämtliche Berufsgruppen zum Warnstreik aufgerufen. Sie will für die Beschäftigten mindestens 650 Euro mehr pro Monat oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen erzielen. Die Laufzeit des Tarifvertrags soll zwölf Monaten betragen.
Aus Sicht der Deutschen Bahn (DB) gibt es keinen Grund mehr für den Warnstreik. «In intensiven Gesprächen bis zum späten Donnerstagabend» habe man der EVG zugesagt, ihrer vor Monaten erhobene Forderung nach einer Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns nachzukommen, teilte der Konzern gegen Mitternacht mit.
Die Deutsche Bahn ihrerseits hat zuletzt einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich von insgesamt 2850 Euro angeboten, der über mehrere Monate verteilt ausgezahlt werden soll.
Die Bahn sagt «Ja, aber»
Besonders vehement wurde zuletzt über den Mindestlohn gestritten, den bei der DB etwa 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur über Zulagen erhalten. Ein von der Bahn vorgelegtes Angebot zu dieser Frage lehnt die EVG ab. Die EVG will den gesetzlichen Mindestlohn von 12 Euro zunächst in die Tariftabellen aufnehmen, damit alle weiteren Verhandlungsergebnisse dann auf diesen Wert berechnet werden.
Die Bahn hat das inzwischen zugesagt, will aber erst später in den Verhandlungen klären, ob sämtliche Tarifergebnisse dann bei diesen Beschäftigten ebenfalls als Erhöhungen in die Tabellen kommen oder etwa über Zulagen gezahlt werden. Die Bahn argumentiert, dass sie sonst etwa bei Sicherheits- oder Reinigungspersonal weit mehr als die branchenüblichen Löhne zahle.