- Die türkische Oppositionspartei CHP hat einen Antrag auf die Annullierung der Präsidenten- und Parlamentswahl von 2018 gestellt.
- Damals wurde Präsident Recep Tayyip Erdogan wiedergewählt.
- Die CHP reagiert damit auf die Aberkennung ihres Sieges bei der Bürgermeisterwahl in Istanbul.
Die Regierungspartei AKP hatte nach ihrer knappen Wahlniederlage am 31. März einen entsprechenden Antrag gestellt. Die Wahlbehörde YSK entschied daraufhin am Montag, die Bürgermeisterwahl zu annullieren und am 23. Juni neu wählen zu lassen. Die Entscheidung stiess international auf Kritik.
Zur Begründung ihrer Entscheidung für eine Neuwahl in Istanbul hatte die YSK angegeben, nicht alle Helfer an den Wahlurnen seien Staatsbedienstete gewesen, wie es die Vorschriften vorsähen.
«Wenn Ihr (die Wahlkommission) sagt, die Wahl von Ekrem Imamoglu sei fragwürdig, dann ist die Wahl von Herrn Recep Tayyip Erdogan am 24. Juni ebenfalls fragwürdig», sagte Erkek. Denn auch bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen seien «zehntausende Menschen, die keine Staatsbedienstete waren, an Wahlurnen beschäftigt gewesen», mahnte Erkek. Die Wahlen von 2018 hatten Erdogans Macht zementiert.
Spannungen dürften sich verschärfen
Erkek sagte, dass der Logik der Wahlkommission folgend nicht nur dem neuen CHP-Bürgermeister von Istanbul, sondern auch Staatspräsident Erdogan das Mandat aberkannt werden müsste.
Die Wahlbehörde dürfte dem Antrag nicht stattgeben – allein schon, weil die Frist für Einsprüche nach den Kommunalwahlen überschritten ist. Der Schachzug dürfte aber die Spannungen zwischen den Lagern – und damit auch in der Gesellschaft – verschärfen.
Kritik auch aus AKP-Reihen
Die Entscheidung spaltet mittlerweile auch die Regierungspartei von Erdogan. Am Dienstagabend meldeten sich Ex-Premierminister und AKP-Mitglied Ahmet Davutoglu und Ex-Präsident Abdullah Gül in Tweets zu Wort.
Sie kritisierten die Entscheidung der YSK – und damit auch den Antrag der AKP sowie von Präsident Erdogan, der Druck auf die Wahlbehörde ausgeübt hatte. Faire Wahlen seien ein Anker der Demokratie und für das Zugehörigkeitsgefühl von Bürgern, schrieb Davutoglu – «die Entscheidung der YSK widerspricht dem Recht und etablierten Praktiken und verletzt dieses Gefühl». Gül schrieb, «schade, wir haben nicht den mindesten Fortschritt gemacht».
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) kritisierte einen Mangel an Beweisen für die Entscheidung der Wahlkommission. Die Entscheidung erscheine willkürlich und politisch motiviert.
Kampagne in Ferienorten
Gleichzeitig beginnt die Mobilisierung der Wähler für die nächste Runde – die insgesamt siebte Wahl in der Türkei in fünf Jahren. Mit einer Kampagne in sozialen Medien will die CHP verhindern, dass ihr winziger Vorsprung am 23. Juni verloren geht, weil viele Menschen in den Ferien sind. Von der Opposition regierte Ferienstädte und Aktivisten in klassischen Feriengegenden riefen dazu auf, am Wahltag in Istanbul zu sein.
Der Kandidat der Mitte-Links-Partei CHP, Ekrem Imamoglu, hatte die Wahl nur knapp vor dem Kandidaten der AKP, Binali Yildirim, gewonnen.