Ein Jahr nach Ausbruch der Krise sind die WHO-Experten nun in Wuhan gelandet. Bei ihrer Untersuchung sind die Expertinnen und Experten aber auf die chinesischen Behörden angewiesen. Diese entscheiden auch, was und wen sie zu sehen bekommen.
Zhang Hai verfolgt die WHO-Mission besonders genau. Die lokalen Behörden, sagt er, hätten die Viruskrise vertuscht. Vom WHO-Team erwartet er jetzt eine gründliche Untersuchung: «Sie sollen dem Ursprung des Virus nachgehen», sagt Zhang. Am liebsten hätte er, wenn die Mission auch den Schuldigen für die Krise findet. Auch wenn die WHO im Vorfeld deutlich machte, dass dies nicht das Ziel der Mission sei.
Klage noch unbehandelt
Zhang Hai schwankt zwischen Wut und Verzweiflung. Vor knapp einem Jahr hat er seinen Vater verloren. Mitte Januar 2020 hatte sich Zhangs Vater in einem Spital in Wuhan mit dem Virus angesteckt. Als die Behörden noch behaupteten, das Virus sei nicht von Mensch zu Mensch übertragbar.
Zhang hat bei Chinas oberstem Gerichtshof eine Klage gegen die Lokalregierung eingereicht. Doch bisher ist das Gericht nicht darauf eingegangen.
Zusammen mit anderen Angehörigen nimmt Zhang seither an kleinen Protesten teil, tauscht Erfahrungen aus. Er sagt, er würde gerne mit dem Untersuchungsteam der WHO Kontakt aufnehmen. «Ich hoffe, dass ich sie treffen kann. Wenn sich die WHO-Delegation auch mit den Angehörigen der Opfer trifft, können sie von uns aus erster Hand erfahren, was passiert ist.»
«Verantwortungslose Leute»
Den chinesischen Behörden und den Medien traut Zhang Hai nicht mehr. Seit einigen Monaten streuen diese Zweifel am Ursprungsort des Virus, berichten darüber, dass das Virus womöglich gar nicht aus China stamme. «In unserem Land gibt es Leute, die verantwortungslos sind. Sie sagen, das Virus sei aus anderen Ländern eingeschleppt worden. Aber ich weiss: Die Viruskrise brach in Wuhan aus, ich bin ein Zeuge.»
Doch an Menschen wie Zhang Hai hat die Regierung wenig Interesse. Im Gegenteil: Die Behörden hätten massiv Druck auf ihn ausgeübt, klagt Zhang. Er und andere Angehörige von Opfern sollen endlich Ruhe geben. Dafür hat Zhang gar kein Verständnis: «Was ich tue, ist doch patriotisch. Ich liebe dieses Land, ich hoffe, dass sich dieses Land weiter entwickelt. Egal, ob sie Druck machen oder mich bedrohen, ich lassen mich nicht aufhalten.»
Es sei ihm schon klar, sagt Zhang, dass es schwierig werde, mit den Delegationsteilnehmern überhaupt in Kontakt zu treten. Und sollte es nicht klappen, hoffe er, «...dass sie hier in China ihre Verantwortung wahrnehmen, und nicht einfach nur hierherkommen, sich etwas umsehen, und dann wieder abziehen.»