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Hamptons New York: Wale, Haie und Delfine sind zurück
Aus 10 vor 10 vom 24.09.2024.
abspielen. Laufzeit 4 Minuten 46 Sekunden.

Wirkungsvolle Schutzmassnahmen Wenn Wale und Delfine plötzlich vor New York auftauchen

New York ist bekannt als dichtbesiedelte Megametropole. Vor den Stadtgrenzen auf Long Island, liegen die Hamptons, berühmt für die Villen der Superreichen. Doch seit einigen Jahren gibt es in den New Yorker Gewässern auch wieder viele Wale, Haie und Delfine.

Von einem Sommer zum anderen hat sich der Ozean für Sutton Lynch verändert. Vom kilometerlangen Strand aus, an dem er seit seiner Kindheit jeden Sommer verbracht und das Wasser beobachtet hatte, sah er plötzlich eine andere Welt.

Wale aus der Nähe beobachten

«Wir haben nie Buckelwale, Delfine, Thunfische oder ähnliches vom Strand aus gesehen bis im Jahr 2019», erzählt er. «Da gab es plötzlich diesen drastischen Wandel, dass man einem Buckelwal nur 70 Meter entfernt zusehen konnte, wie er Beutefische verschlingt. Ich sah Kreaturen, von denen ich nicht wusste, dass es sie in New York gibt.»

Strand mit Sonnenaufgang, ein junger Mann schickt seine Drone los
Legende: Sutton Lynch fliegt seine Drohne am Strand von Napeague auf Long Island. Ideal sind windstille Bedingungen, damit das Wasser glatt ist und er Fische und Wale gut filmen kann. SRF

Die Sonne geht erst gerade auf, als Lynch über den idyllischen Strand stapft. Er klappt einen kleinen Stuhl auf und packt die Drohne aus, schickt sie über das Wasser. Über Jahre arbeitete er als Rettungsschwimmer an den Stränden der Hamptons auf Long Island. Doch nun sucht er das Wasser nicht nach Menschen ab, sondern nach Meerestieren.

Wale und Haie folgen den Beutefischen

«Es ist ein so wunderschöner Ort. Ich fühlte mich immer damit verbunden, besonders mit dem Strand», erklärt Lynch. Deshalb wollte er herausfinden, was hinter dem Wandel der Meeresfauna steckt. Fast jeden Morgen sitzt er hier. Um Wale, Haie und andere grosse Meerestiere zu finden, sucht Lynch mit der Drohne das Wasser nach Schwärmen von Beutefischen ab, genauer nach Menhaden.

zwei Buckelwale von oben mit aufgerissenem Mund, daneben Luftblasen
Legende: Buckelwale tauchen mit weit geöffnetem Schlund auf und jagen so kleine Beutefische. Die Luftblasen sind Teil ihrer Fangtaktik. Sutton Lynch

Die nährstoffreichen Fischchen sind überlebenswichtige Nahrung für viele grosse Fische, Delfine und Wale. Sie sind unverzichtbare Grundlage der Nahrungskette im Atlantik. Lynch dokumentiert, wie Buckelwale mit weit geöffnetem Schlund aus dem Wasser springen, und riesige Mengen Wasser mit Fischen verschlingen.

Massnahmen gegen Überfischung haben gewirkt

Doch Menhaden werden auch mit riesigen Netzen gefischt und etwa zu Futter für Zuchtlachs oder für Haustiere verarbeitet. Vor fünf Jahren verbot der Bundesstaat New York solche Fischmethoden (sogenannte Ringwadenfischerei) mit riesigen Netzen in Küstennähe.

Das war entscheidend für die Rückkehr der grossen Meerestiere, sagt Jaclyn Higgins von der Organisation Theodore Roosevelt Conservation Partnership. «Seit einigen Jahren haben mehrere Bundesstaaten am Atlantik den Naturschutz und die intakten Ökosysteme gestärkt. Und dafür weniger kommerzielle Nutzung in Küstennähe erlaubt», erklärt sie. «Deswegen kommen Tiere, die kleine Fische jagen, wieder mehr in Küstennähe, wo sie bereits vor 50 Jahren waren. Etwas, was wir fast vergessen haben, weil es eine Gegend mit so vielen Städten ist.» Bereits zuvor, im Jahr 2012, hatte die «Atlantic States Marine Fisheries Commission» Fangbeschränkungen für Menhaden verabschiedet.

Drei Schwarzspitzenhaie vor der Küste Long Islands.
Legende: Vor der Küste Long Islands gibt es wieder genügend Menhaden. Das wieder vorhandene Essensangebot lockt auch Haie an. Sutton Lynch

Die Hamptons in Long Island sind vielen bekannt als exklusives Rückzugsgebiet für die Reichen und Berühmten, für riesige Villen am Meer. Als Sutton Lynch durch die exklusive Gegend fährt, ist er nur ein wenig überrascht, als der weltberühmte Rapper Jay-Z vorbeispaziert. Doch wie viele Einheimische verzichtet er darauf, Prominente anzusprechen.

ein Prada Laden, davor Passanten in schicken Kleidern
Legende: Die Hamptons sind bekannt als Ferienort für Reiche und Prominente. In East Hampton reihen sich die Läden mit Edelmarken aneinander. SRF

Nicht weit davon entfernt hat Sutton Lynch in einer umgebauten Garage ein kleines Studio eingerichtet, wo er seine Videos und Fotos verarbeitet und ausstellt. Auch in den Sozialen Medien berichtet er über die Meeresfauna vor Long Island. «Mein Ziel in diesem Sommer ist es, neue Tierarten zu finden, das Bild des Ökosystems zu vollenden. Ich möchte, dass die Leute verstehen, wie vielfältig das Meer vor New York ist. Von den meisten Kreaturen wusste ich nicht, dass es sie gibt, erst recht nicht in dem Wasser, in dem ich schwamm, wenige Meter vom Ufer entfernt», sagt er.

Mann hängt Foto an Wand, dahinter diverse Fotos von Fischen und Walen
Legende: Sutton Lynch bearbeitet seine Aufnahmen und stellt sie in seinem Studio aus. SRF

Das Ökosystem bleibt verletzlich

Sutton Lynch hat Schwärme von Rochen gefilmt, die wie Vogelschwärme in geometrischen Formationen schwimmen. Oder Spinnerhaie, die aus dem Wasser springen oder Fische bis ans Ufer treiben, um sie zu jagen. Auch einen jungen Weissen Hai entdeckte er mit seiner Drohne, Hammerhaie und Thunfische.

Doch das Nahrungsangebot für die grossen Jäger bleibt fragil. Südlich von New York, in Virginia, gilt das Küstenfangverbot für Menhaden nicht. Und andere Beutefische sind bereits verschwunden. «Viele dieser Arten sind überfischt. Man findet keine Heringe oder Makrelen im Ozean. Das verringert das Nahrungsangebot besonders im mittleren und nördlichen Atlantik», erklärt Higgins. Ihre Organisation vertritt Sport- und Hobbyfischer, die an intakten Fischbeständen interessiert sind. Sie setzt sich für Schutzmassnahmen und Forschung zum Fischbestand ein. Gemäss der Organisation gibt es aufgrund des Klimawandels vermehrt grosse Menhaden-Schwärme an der nördlichen Atlantikküste der USA. Demnach jagen Buckelwale auch im Norden vermehrt Menhaden, weil sie sonst nichts zu fressen finden.

Mit Kunst Bewusstsein für Natur wecken

Sutton Lynch will mit seiner Kunst aufklären und mithelfen, dass die grossen Meerestiere hier weiterhin einen Lebensraum und eine Nahrungsgrundlage finden. Ihre Rückkehr vor New Yorks Küste ist für ihn eine seltene positive Nachricht in der oft von negativen Schlagzeilen geprägten Welt. «Ich möchte, dass andere Menschen verstehen, dass wir Probleme, die wir verursacht haben, lösen können.»

Delphine vor der Küste mit Leuchtturm
Legende: Delfine sind regelmässige Besucher vor der Küste Long Islands. Sutton Lynch sieht sie so häufig, dass er sich inzwischen mehr auf andere Arten fokussiert. Sutton Lynch

«Der Grund, weswegen diese Tiere nicht mehr hier waren, war Überfischung», sagt er. «Wir müssen uns bewusst sein, dass wir etwas bewirken können.» Was vor New Yorks Küsten gelingen könne, das gelte auch für die Welt. So sieht er die Rückkehr der Meerestiere als Inspiration über Long Island hinaus.

10vor10, 24.9.24, 21:50 Uhr;stal

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