Die jüngste SRG-Umfrage zeigt: Bei allen vier Abstimmungsvorlagen vom 24. November wird es eng. Bundesbern dürfte beunruhigt sein, denn: Sowohl der Bundesrat als auch das Parlament befürworten die Efas, die beiden Mietrechtsvorlagen und den Autobahnausbau.
Der Schweizer Politik könnten, sofern tatsächlich alle Vorlagen vom Stimmvolk abgelehnt werden, Niederlagen bevorstehen. In jüngster Zeit verloren Bundesrat und Parlament mehrere wichtige Vorlagen an der Urne.
BVG-Reform
Erst bei der letzten Abstimmung Ende September erlitt Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider eine wuchtige Niederlage: Eine Reform, welche die Renten der obligatorischen beruflichen Vorsorge (BVG) sichern und die Rentenleistungen für Menschen mit tiefen Löhnen verbessern sollte, wurde mit 67 Prozent bachab geschickt. Kein einziger Kanton war dafür.
13. AHV-Rente
Umgekehrtes Resultat, gleiche Gefühlslage: Im März sagen Stimmbevölkerung und Stände deutlich Ja zur Initiative für eine 13. AHV-Rente – ein historischer Entscheid: Zum ersten Mal kam eine sozialpolitische Initiative von links durch. Es sei auch ein Protestvotum gegen den Staat gewesen, analysierte damals Politologe Lukas Golder vom Forschungsinstitut GFS Bern.
CO₂-Gesetz
Im Juni 2021 zeigte der Souverän dem Parlament und der damaligen Umweltministerin Simonetta Sommaruga die kalte Schulter, als das revidierte CO₂-Gesetz zur Abstimmung stand. Mit 51.6 Prozent lehnten es die Stimmberechtigten relativ knapp ab. Der Nachfolger, das Klimaschutz-Gesetz, wurde dann zwei Jahre später deutlich angenommen.
E-ID
Ebenfalls Schiffbruch erlitt das Gesetz über elektronische Identifizierungsdienste, kurz E-ID. Fast 65 Prozent der Stimmenden und alle Kantone wollten es 2021 nicht. Dies, obwohl der Bundesrat wie auch das Parlament sich für das Gesetz aussprachen.
Verhüllungsverbot
Zusammen mit der E-ID tauchte Bundesbern schliesslich auch bei der Initiative über ein Verhüllungsverbot. 51.2 Prozent der Stimmbevölkerung und 18 von 23 Ständen winkten das Vorhaben durch - obwohl Parlament und Regierung dagegen waren. Damit verbot die Schweiz Musliminnen künftig die Verschleierung mit Nikab oder Burka in der Öffentlichkeit. Übrigens tritt am 1. Januar 2025 das Gesetz in Kraft.
Die oben erwähnten teils markanten Niederlagen des Bundesrates lassen den Anschein erwecken, als ob Landesregierung und Parlament zuletzt des Öfteren verlieren. Im Zusammenhang mit der neusten SRG-Umfrage wird auch ersichtlich, dass das Vertrauen der Menschen in die Regierung schwindet: 47 Prozent der Stimmbevölkerung geben an, dass der Bundesrat am Volk vorbei politisiert. Einen solch hohen Wert gab es seit 2018 nicht mehr.
Ist das der Grund für die scheinbar zunehmenden Niederlagen? Es sei schwierig, dies festzumachen, sagt Politologe Golder. Generell spüre die Bevölkerung die globalen Unsicherheiten, die Migration und den Verlust der Kaufkraft. In solchen Zeiten sei man weniger gewillt, der Regierung zuzuhören.
Mitgespielt habe sicherlich auch die Corona-Pandemie und neue Medien wie Social Media, wo schnell mobilisiert und weniger Dialog geführt werde, sagt Golder. «Der Bundesrat verliert seine privilegierte Kommunikationsposition.»
Doch bevor von einem Trend von Abstimmungsniederlagen der Landesregierung gesprochen werden kann, sind die nahenden Abstimmungen am 24. November abzuwarten.