Nach den schweren Unwettern der vergangenen Woche im Kanton Graubünden musste der Autobahnabschnitt bei Misox der A13 gesperrt werden. Ausgerechnet in der Hauptreisezeit fällt eine wichtige Nord-Süd-Verbindung teilweise aus.
Was bedeutet das für den Schienenverkehr? Der scheidende Direktor des Bundesamts für Verkehr, Peter Füglistaler, rechnet nach der Sperrung der A13 nicht mit einem Umschwenken der Touristen auf den Bahnverkehr.
SRF News: Was dachten Sie, als Sie letzten Freitag die Bilder aus dem Misox sahen?
Peter Füglistaler: Mein erster Gedanke war: Nein, nicht schon wieder! Vor kurzem war der Eisenbahnunfall im Gotthard-Basistunnel, im Ausland sind verschiedene Tunnel gesperrt, es gibt viele Baustellen, wir haben Probleme im Nord-Süd-Verkehr. Und jetzt noch die A13.
Was sind die Ursachen für die vielen Zwischenfälle, die sich ereignet haben?
Das ist schwer zu sagen. Man kann mit der Klimaerwärmung argumentieren – wir haben immer mehr Gewitter und Unwetter, die damit zusammenhängen. Wir leben in einer unruhigen Zeit. Und trotzdem gehören solche Ereignisse zur Normalität. Solche Krisen gibt es immer wieder.
Werden als Entlastung zusätzliche Personenzüge durch den Gotthard-Basistunnel fahren?
In jeder Krise gibt es Krisenstäbe, die auch jetzt zum Einsatz kommen – das gilt für die Strasse wie für die Schiene. Wir müssen die Möglichkeiten abwägen. Im Moment ist der Betrieb eingeschränkt. Wir haben uns entschieden, den Güterverkehr zu priorisieren. Die Möglichkeiten für mehr Personenzüge sind daher begrenzt. Da müssen wir realistisch sein.
Die Autofahrer werden eher mehr Zeit im Stau einplanen als auf die Bahn umzusteigen.
Wir können nicht unendlich viele Züge durch den Gotthardtunnel fahren lassen, die Kapazitäten sind bereits nahezu ausgeschöpft. Und ganz wichtig: Der Mensch passt sich nicht so schnell an. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Autofahrerinnen und Autofahrer eher mehr Zeit im Stau einplanen, als dass sie tatsächlich auf die Bahn umsteigen werden.
Während Ihrer 14-jährigen Amtszeit hat Ihr Verhältnis zur SBB immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Sie gelten als einer der grossen Kritiker der SBB. Was kritisieren Sie genau?
Die SBB ist meine grosse Liebe. Ich bin stolz darauf, lange für die SBB gearbeitet zu haben. Sie ist die führende Bahn und steht für Qualität. Wenn die SBB nicht funktioniert, funktioniert der ganze öffentliche Verkehr nicht. Und gerade weil ich sie so schätze, will ich, dass sie immer besser wird. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler investieren viel Geld in die SBB und da ist es unsere Aufgabe als Bundesamt für Verkehr, für das subventionierte Geld auch eine entsprechende Leistung einzufordern. Da braucht es klare Worte.
Amtsleiter zu sein, ist wie Kinder erziehen: Man sagt es dreimal nett und beim vierten Mal wird man etwas lauter.
Weshalb haben Sie die SBB vor allem immer auch öffentlich so stark kritisiert?
Weil sie die leisen und subtilen Worte nicht verstanden hat. Amtsleiter zu sein, ist gar nicht so schwer. Es ist wie Kinder erziehen: Man sagt es dreimal nett und beim vierten Mal wird man etwas lauter, und leider klappt es erst dann.
Das Gespräch führte David Karasek.