Allen voran die Wirtschaft begrüsst die neuen Verträge zwischen der Schweiz und der EU ausdrücklich. Arbeitgeberverband, Economiesuisse und Swissmem sehen im Abschluss der Bilateralen III einen wichtigen Schritt zu einer nachhaltigen Sicherung des bewährten Wegs.
Sozialpartner uneinig
Für die Arbeitgeber sei entscheidend, das Verhältnis zur EU wieder auf ein stabileres Fundament zu stellen und für Planungssicherheit zu sorgen. Beim Lohnschutz ermögliche es das erarbeitete dreistufige Absicherungskonzept der Schweiz, die Schutzmechanismen auch künftig aufrechtzuerhalten, so der Arbeitgeberverband.
Die Löhne sind so nicht mehr gesichert. Wir können weniger kontrollieren und Bussen gegen Firmen in Ausland kaum mehr durchsetzen.
Es sei absehbar, dass mit dem neuen Abkommen der Lohnschutz deutlich geschwächt würde, was nicht inakzeptabel sei, hält Travailsuisse fest. Die Löhne seien so nicht mehr gesichert, weil man weniger kontrollieren könne, stellte SGB-Chefökonom Daniel Lampart fest. Bussen gegen Firmen im Ausland könnten kaum mehr durchgesetzt werden: «Wir sind etwas wehrlos dem Lohndruck ausgeliefert.»
Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl warf den Gewerkschaften ein «Powerplay» vor. Sie müssten dabei nun aber einmal sagen, ob sie die Bilateralen III überhaupt wollten oder nicht.
FDP will weder «bejubeln noch verdammen»
Die FDP bewertet das Verhandlungsergebnis besser als bei früheren Versuchen. Präsident Thierry Burkart strich die Konkretisierung der Schutzklausel und den Umgang damit hervor, sollte die Zuwanderung zu stark werden. Die Partei will die Verträge nun weder bejubeln noch verdammen, sondern sie zuerst prüfen.
Das Verhandlungsergebnis ist besser als jenes beim Rahmenabkommen. Grosses Kompliment an die Verhandler, das muss man attestieren.
Auch die Mitte sieht laut Präsident Gerhard Pfister einen klaren Fortschritt im Vergleich zum Rahmenabkommen von 2018 und lobt den Einsatz von Bundespräsidentin Viola Amherd. Die Partei will indessen prüfen, ob das Ergebnis bei der Schutzklausel zur Zuwanderung, beim Lohnschutz und den institutionellen Fragen tragbare Lösungen vorsieht.
SP: Noch ist viel unklar
Die SP begrüsst den Abschluss der Verhandlungen mit der EU. Sie verlangt jetzt vom Bundesrat ein ausgewogenes Gesamtpaket, dass den Lohnschutz sichert und den Service public stärkt. Noch bleibe aber viel unklar.
Die Grünliberalen sind überzeugt, dass das «massgeschneiderte Paket die Schweiz zukunftstauglich macht und den Wohlstand sichert». Laut den Grünen muss der Bundesrat nun das Ergebnis «selbstbewusst» vertreten und die flankierenden Massnahmen, darunter jene zum Lohnschutz, erlassen.
Die Bewegung Pro Schweiz wirft dem Bundesrat die Verschleierung der Kernpunkte vor. Brüssel diktiere, Bundesbern kapituliere und das Volk solle schweigen und zahlen.
Heute beginnt der Kampf, der Kampf für die Freiheit.
Die SVP lehnt das Paket ab und will eine Volksabstimmung durchsetzen. Schon am Morgen stand Präsident Marcel Dettling mit einer Hellebarde und im Beisein aller National- und Ständeräte auf dem Bundesplatz und rief: «Heute beginnt der Kampf, der Kampf für die Freiheit.»
Bildungs- und Forschungsplatz atmet auf
Die Schweizer Hochschulen sehen positive Signale für die Bildung nach dem Abbruch im März 2021. Besonders relevant seien nun die vorläufige Assoziierung ans Horizon-Paket ab 2025 sowie der Rechtsrahmen für die Assoziierung der Schweiz an die EU-Programme für Bildung, Forschung und Innovation. Scienceindustries, der Wirtschaftsverband Chemie Pharma Life Sciences, sieht im Abschluss ein wichtiges Zeichen für die Schweiz mit Blick auf den wichtigsten Exportmarkt.