Ein Büro habe er bei sich zu Hause in Renens keines. Er lade seine Gäste jeweils in die Brasserie de la Gare ein, sagt Pierre-Yves Maillard zur Begrüssung. Und rasch wird klar, warum die Brasserie beim Bahnhof seine zweite Heimat ist.
Hier kommt der Waadtländer SP-Ständerat und Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds mit Büezern ins Gespräch und wälzt politische Ideen. Die Brasserie im Vorort von Lausanne ist für den 56-Jährigen so etwas wie die Herzkammer seiner Politik.
Auch jetzt wieder, wo der Bundesrat und die Europäische Union auf der Zielgeraden für ein neues Vertragswerk sind. Pierre-Yves Maillard macht schon mal eine Kampfansage. Er sieht im Vertrag, soweit er ihm bekannt ist, einen veritablen Raubbau am Schweizer Service Public.
Ohne einen besseren Schutz des Schweizer Service Public und der Löhne machen die Gewerkschaften beim Vertragspaket nicht mit.
So befürchtet er, dass künftig ausländische Züge die SBB verdrängen und Schweizer Stromkunden ihren Strom statt von hiesigen Stromunternehmen aus dem Ausland beziehen. Maillard ist sich sicher: Wo liberalisiert wird, gehen Stellen verloren und kommen die Löhne unter Druck.
Doch statt die im Vergleich zum Ausland hohen Löhne der Schweizer Arbeitnehmenden und auch die hiesige Wirtschaft zu schützen, werde nur weiter liberalisiert. Für Maillard ist klar: Ohne einen besseren Schutz des Schweizer Service Public und der Löhne machten die Gewerkschaften beim Vertragspaket nicht mit.
Bestärkt durch historischen Triumph
Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente im Mai und dem Nein zur Rentenreform hat sich die Selbstsicherheit und Abgeklärtheit, die aus Pierre-Yves Maillard spricht, nochmals verstärkt.
Für Maillard ist der historische Triumph der AHV-Abstimmung noch immer eine grosse Genugtuung: Noch nie hat das Volk für eine Gewerkschaftsinitiative gestimmt. Noch nie wurde den Bürgerlichen eine heftigere Niederlage zugefügt. Maillard gelang es gar, einen Teil der SVP-Basis auf seine Seite zu ziehen. Für seinen Auftritt an der Albisgüetli-Tagung im Januar bekam er von SVP-Wählerinnen und -Wählern warmen Applaus.
Am Ende entscheidet das Volk, und es wird ein bürgerliches Powerplay in Bundesbern wohl kaum goutieren.
Maillard ist am Ende dieses Jahres voller Selbstvertrauen und sieht sich auch in den Verhandlungen um einen EU-Vertrag in einer Position der Stärke. Vom Bundesrat fordert er, eine Schwächung des Service Public nicht zu akzeptieren und einen Lohnschutz für Schweizer Arbeitnehmerinnen entlang von Gesamtarbeitsverträgen aufzubauen. Am Ende werde sowieso das Volk über den Vertrag abstimmen, sagt er, und ein bürgerliches Powerplay in Bundesbern wohl kaum goutieren.