Zum Auftakt des Politjahres 2024 beherrscht er die Schlagzeilen: Pierre-Yves Maillard, der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes. Gleich bei mehreren Vorlagen steht er im Mittelpunkt. Bei den Verhandlungen mit der EU, bei der Initiative für höhere Prämienverbilligungen, die im Sommer zur Abstimmung kommt, und bei der Initiative für eine 13. AHV-Rente, über die Anfang März abgestimmt wird. Am Dienstag ist die Kampagne dafür lanciert worden – für Maillard geht es um viel.
Pure Maillard-Politik
7:44 Uhr in Lausanne – der Doppelstockzug fährt auf Gleis 1 ein. SP-Ständerat Maillard und die Grüne Nationalrätin Léonore Porchet steigen ein, um den Abstimmungskampf für die 13. AHV-Rente in Bern zu lancieren. Diese AHV-Initiative und eine zweite Initiative für eine höhere Prämienverbilligung, das ist pure Maillard-Politik. Ihm geht es primär um Kaufkraft und Gesundheitskosten. Und eines müsse klar sein, sagt Maillard: «Wenn wir diese beiden Volksabstimmungen verlieren, wird in diesen Bereichen nichts passieren.»
Der Präsident des Gewerkschaftsbundes ist im Kampfmodus. Genau das ist seine Stärke. Nach einer Ausbildung zum Lehrer wird er Gewerkschaftssekretär, kämpft gegen Massenentlassungen. Sein Verhandlungsgeschick setzt der Sozialdemokrat später auch in der Waadtländer Regierung ein – und ringt FDP-Finanzdirektor Pascal Broulis einen Deal ab: Broulis darf die Unternehmenssteuern senken. Und trotz einer bürgerlichen Mehrheit erhält Maillard ein teures Sozialpaket.
Ein zäher Verhandler
Ebenfalls in der Waadtländer Regierung war damals die heutige FDP-Nationalrätin Jacqueline de Quattro. Sie sagt über Maillard: «Er ist zäh, argumentiert gut und ist sehr gut vorbereitet. Er lässt nur etwas gehen, wenn er überzeugt ist, dass er mehr dafür erhält.»
Auf der nationalen Bühne verhandelt Maillard vor allem auch bei der EU-Frage mit. Nachdem er gegen das Rahmenabkommen gewesen war, droht er auch beim neuen Verhandlungsmandat mit einer Blockade. Maillard platziere seine Forderungen geschickt, das gesteht ihm auch sein Gegenspieler, Arbeitgeberverbandsdirektor Roland A. Müller, zu: «Zum Teil erlebe ich ihn auch etwas hartnäckig. Die Zukunft wird weisen, inwiefern er bereit ist, auch entgegenzukommen.»
All diese Geschichten über meine Macht sind komplett übertrieben.
Ob bei den Abstimmungen über die Sozialpolitik oder das EU-Dossier: Am mächtigen Präsidenten des Gewerkschaftsbundes führt derzeit kein Weg vorbei. Maillard selbst sagt dazu: «All diese Geschichten über meine Macht sind komplett übertrieben. Ich habe nur die Macht, die die Leute den Gewerkschaften geben. Und am Ende hat das Volk die Macht.» Genau das ist die Kunst von Pierre-Yves Maillard: Er spricht nur vom Kollektiv, auch wenn er selbst im Zentrum der Macht ist.