Die meisten der 71'000 Versicherten der Proparis-Pensionskasse erhalten mit der BVG-Reform höhere Renten. Das ist der Hauptbefund der neuen Berechnung. Das bestätigt Ex-Gewerbeverbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler, der den Proparis-Stiftungsrat leitet: «Im Durchschnitt profitiert eine knappe Mehrheit von der BVG-Vorlage, das ist richtig so. Tiefere Renten haben immerhin noch einen Anteil von 32 bis 41 Prozent.»
Konkret erhalten rund 53 Prozent der Proparis-Versicherten mit der Reform eine höhere Rente. Es gibt Unterschiede nach Alter: Bei unter 55-Jährigen sind es tendenziell etwas mehr Versicherte, die profitieren, bei den über 55-Jährigen tendenziell etwas weniger. Aber übers Ganze gesehen ist es klar mehr als die Hälfte.
Der neue Befund ist brisant. Denn die Gegner der BVG-Reform zitierten gerne die früheren Zahlen, die für eine Mehrheit der Proparis-Versicherten tiefere Renten annahm. Und sie brauchten diese Zahlen für ihre Nein-Kampagne.
Diese Zahlen zeigen schwarz auf weiss: Wir haben drastische Rentenkürzungen drin für Personen mit mittleren Einkommen.
Und jetzt? An ihrer Grundaussage habe sich nichts geändert, betont Gabriella Medici vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund. Auch wenn nun etwas mehr als die Hälfte der Proparis-Versicherten mit Reform bessergestellt würden, hätten immer noch 30 bis 40 Prozent mit einer Schlechterstellung zu rechnen: «Die Zahlen zeigen schwarz auf weiss auf, was wir schon länger wissen und sagen: Wir haben drastische Rentenkürzungen drin für Personen mit mittleren Einkommen.»
Mittlere Einkommen bedeutet alles oberhalb von 60'000 Franken pro Jahr. Wegen dieses Befundes hält der Gewerkschaftsbund an seiner Interpretation fest.
Das zeigt jetzt eben deutlich, dass die BVG-Reform nützt und hilft. Gerade bei Personen mit tieferen Einkommen.
Barbara Zimmermann-Gerster vom Schweizerischen Arbeitgeberverband – eine Befürworterin der BVG-Reform – interpretiert die neuen Zahlen völlig anders: «Das zeigt jetzt eben deutlich, dass die BVG-Reform nützt und hilft. Gerade bei Personen mit tieferen Einkommen.»
Dass die Seite der Reformgegnerinnen und -gegner die Umkehr von «mehrheitlich negativ» zu «mehrheitlich positiv» fast ein bisschen beiseite wischt, findet Zimmermann-Gerster vom Arbeitgeberverband stossend: Bemerkenswert sei es schon, weil diese Pensionskasse eigentlich von den Gegnern der BVG-Reform benutzt worden sei, um ihre Argumente zu untermauern: «Das war irreführend und konnte falsch verstanden werden.»
Glas halbvoll oder halbleer?
Was bleibt vom Zahlensalat um die Auswirkungen der BVG-Reform? Letztlich ist es eine Frage der Interpretation: Reicht das, wenn gut die Hälfte der Versicherten der Gewerbe-Pensionskasse Proparis – also Leute mit tendenziell tiefen Löhnen – bessergestellt werden? Oder ist das zu wenig? Ist das Glas nun halbvoll oder halbleer? Befürworter und Gegner der Vorlage sehen das – fast zwangsläufig – völlig unterschiedlich.
Über die BVG-Reform wird am 22. September abgestimmt.