Abstimmung Stadt Zürich
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Sprachdiktat oder Inklusion? Zürich befindet über den Genderstern
Die Bevölkerung entscheidet, ob die Zürcher Stadtverwaltung das Sonderzeichen in amtlichen Dokumenten verwenden darf.
Ein Stern wird als Zeichen der gendersensiblen Sprache zum emotionalen Politikum. Im Jahr 2022 änderte die Stadt Zürich ihr seit 1994 bestehendes Reglement über die sprachliche Gleichstellung. Sie stellte sich dabei auf den Standpunkt, dass sich der Begriff des Geschlechts in der Gesellschaft gewandelt habe. «Geschlecht wird nicht mehr als eine binäre Fixgrösse verstanden.» In der Folge ersetzte sie das Binnen-I (Beispiel: MitarbeiterInnen) durch geschlechtsneutrale Formulierungen wie «Mitarbeitende» oder durch den Genderstern (Mitarbeiter*innen). Mit diesen Änderungen sollen alle Geschlechter angesprochen werden.
Ist der Genderstern offiziell erlaubt?
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Die Lage ist nicht eindeutig. Der Duden, das bekannteste Nachschlagewerk für die deutsche Sprache, bezeichnet den Genderstern als ein Zeichen, um alle Geschlechter sprachlich gleichzubehandeln. Er sei eine von mehreren Möglichkeiten, geschlechtergerecht zu formulieren. Der Rat der deutschen Rechtschreibung hingegen, dem auch die Schweiz angehört, empfiehlt den Genderstern nicht. Er sagt, geschlechtergerechte Sprache könne nicht allein mit orthografischen Regeln gelöst werden.
Verschiedene Städte und Gemeinden erlauben ihn, wie zum Beispiel Bern oder Luzern.
SRF strebt eine geschlechtergerechte Sprache an. In jungen, digitalen Kanälen (Youtube, Podcasts) und Programmen (Virus) ist der Genderdoppelpunkt oder eine sogenannte Genderpause (Glottisschlag) erlaubt. In der News-App und allen Formaten für die Zielgruppe ü45 wird darauf verzichtet.
Gegen diese neue Sprachregelung setzte sich ein überparteiliches, vorwiegend bürgerliches Komitee zur Wehr. Die Initiative «Tschüss Genderstern» will das Sonderzeichen wieder abschaffen. Das letzte Wort hat nun das Stadtzürcher Stimmvolk.
Mit Zürich stimmt zum ersten Mal eine Stadt darüber ab, ob der Genderstern in amtlichen Dokumenten verwendet werden darf.
Verständlichkeit versus Gleichbehandlung
Texte von Behörden müssten verständlich sein, Genderzeichen würden die Sprache schwerfällig machen, so das Initiativkomitee. Als Beispiel nennt es einen Auszug aus dem Geschäftsbericht 2023 der Stadt. Dort heisst es etwa: «Der*die 1. Vizepräsident*in übt die Aufsicht über das Inspektorat aus, während der*die 2. Vizepräsident*in die Ermittlungsaufträge bewilligt.» Über den ganzen Geschäftsbericht verteilten sich 681 solche Gendersterne.
Das Sonderzeichen beeinträchtige die Lesbarkeit und führe zu grammatisch falschen Formen. Dies sei nicht im Sinn der Bürgerinnen und Bürger. Zuletzt gehen die Initianten auch davon aus, dass die Stadt Zürich mit dem Genderstern eine politische Haltung ausdrücke und diese Sprachregelung als Instrument dafür benutze.
Die Parolen der Parteien
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Ja: FDP, SVP, Die Mitte, EVP
Nein: AL, Grüne, SP, GLP
Die Gegner der Initiative, hauptsächlich die politische Linke sowie der Zürcher Stadtrat, wollen von diesen Vorwürfen nichts wissen. Sie argumentieren, dass in behördlichen Texten Personen aller Geschlechter sprachlich gleichbehandelt werden sollen: also Frauen, Männer und non-binäre Personen. Zudem sehe das neue Reglement auch Ausnahmen vor, sollte die Verständlichkeit leiden.
Der Zürcher Stadtrat bezieht sich zudem auf Erfahrungswerte. Die neue Sprachregel innerhalb der Verwaltung habe sich bewährt und werde als Mehrwert wahrgenommen. Indem die Stadtverwaltung den Genderstern bewusst erlaube, zeige sie, dass sie non-binäre und trans Menschen wahrnehme und respektiere – auch in der Sprache.
Gendern: ein Gesellschaftsthema, das polarisiert
Diese Anerkennung der gesellschaftlichen Vielfalt kommt in der Bevölkerung zuweilen jedoch nicht an. So kam eine Umfrage des Forschungsinstituts LeeWas im Auftrag von 20 Minuten und Tamedia letztes Jahr zum Schluss, dass nur gerade ein Viertel der Schweizerinnen und Schweizer die gendergerechte Sprache für wichtig hält.
Darüber stimmt die Stadt Zürich weiter ab
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Gegenvorschläge zur Volksinitiative «Bezahlbare Wohnungen für Zürich»
Die Stadt Zürich will mehr günstigen Wohnraum schaffen. Die Vorlage zielt darauf ab, dass die Stadt künftig Bürgschaften und Darlehen an Genossenschaften und Stiftungen gewähren kann, damit diese Häuser kaufen können. Ausserdem soll das Stiftungskapital von vier Stiftungen um 300 Millionen aufgestockt werden. Stadt und Gemeinderat reagierten mit den Gegenvorschlägen auf eine Volksinitiative der SP.
Privater Gestaltungsplan «Areal VZA1»
Die Grossbank UBS plant in Zürich-Altstetten ein Hochhaus für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das Projekt sieht ein nachhaltiges Holz-Beton-Gebäude vor, rund 110 Meter hoch. Nachdem der Gemeinderat dem Gestaltungsplan zugestimmt hatte, hat ein Komitee dagegen das Referendum ergriffen. Das Hochhaus sei weniger ökologisch als angepriesen. Stadtrat und Gemeinderat sprechen sich für das UBS-Hochhaus aus.
Abgangsleistungen für Behördenmitglieder
Die Stadt Zürich stimmt schon zum zweiten Mal in diesem Jahr über Abgangsentschädigungen für Behördenmitglieder ab. Im März hat das Stimmvolk entschieden, dass nur Stadträte «goldenen Fallschirme» erhalten sollen. Das Parlament hat in der Folge aber beschlossen, dass auch andere, gewählte Behördenmitglieder diese Leistungen erhalten sollen. Dagegen hat ein Komitee das Referendum ergriffen. Stadtrat und Gemeinderat empfehlen ein Ja zur Vorlage.
Ersatzneubau Rathausbrücke
Die Rathausbrücke verbindet die beiden Altstadtteile entlang der Limmat, sie ist aber in die Jahre gekommen und muss dringend saniert werden. Gleichzeitig soll der Hochwasserschutz verbessert werden. Der Neubau der Rathausbrücke und die Tieferlegung der Limmat kosten 58 Millionen Franken. Über diese Ausgaben entscheiden die Stimmberechtigten. Stadtrat und Gemeinderat empfehlen, die Vorlage anzunehmen.
Der Genderstern wurde über die Jahre zu mehr als nur zum Sprachmittel, er wurde zu einem neuen Symbol: für Wokeness und Inklusion. Die Stimmbevölkerung der Stadt Zürich entscheidet nun, ob diese neue Bedeutung in der Stadtverwaltung verankert bleibt.
Anmerkung der Redaktion
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In einer ersten Version haben wir rund um den Gebrauch des Gendersterns nur die Seite des Dudens erwähnt. Neu wird auch noch die Sichtweise des Rats der deutschen Rechtschreibung dargestellt. Dies um zu verdeutlichen, dass die Situation nicht eindeutig ist.
Regionaljournal Zürich Schaffhausen, 25.10.2024, 17:30 Uhr
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