Zwei Männer werden auf offener Strasse zusammengeschlagen, weil sie schwul sind. Gewalt an Homosexuellen passiere häufiger, als die Medien darüber berichteten, sagt Anna Rosenwasser von der Lesbenorganisation LOS. Die 29-Jährige und ihre Partnerin überlegten sich etwa, wann und wo sie Händchen halten. «Als ich früher mit einem Mann in einer Beziehung war, musste ich mir das nie überlegen, seine Hand loszulassen, um mich sicher zu fühlen,» so Rosenwasser.
Rosenwasser kämpft für die Erweiterung der Anti-Rassismus-Strafnorm, die neu auch Homosexuelle und Lesben vor Hass und Diskriminierung schützen soll. Die erweiterte Strafnorm werde Beschimpfungen und Prügeleien zwar nicht aus der Welt schaffen.
Rosenwasser sieht es aber als wichtiges Zeichen für Schwule und Lesben an. «Es bedeutet uns viel, ob das Land, in dem wir leben, in seinen Regeln festhält, dass es uns schützen soll», sagt Rosenwasser vom Komitee «Ja zum Schutz vor Hass». Die freie Meinungsäusserung werde dadurch nicht tangiert.
Kein Mittel gegen Gewalt
Doch es gibt auch Schwule und Lesben, welche die Erweiterung der Strafnorm trotzdem ablehnen. Silvan Amberg ist Mitglied des Komitees «Sonderrechte nein!». Es sei «tragisch», wenn Schwule zusammengeschlagen würden, sagt Amberg. Aber der Staat verfüge bereits über Mittel, um diese Gewalt zu bekämpfen.
«Man kann ja darüber diskutieren, ob Täter härter angepackt werden müssten. Diese Debatte kann man führen, aber das ist eine Strafrechtsdebatte und hat nichts mit dieser Abstimmung zu tun», sagt Amberg.
Für den schwulen Steuerberater ist der neue Diskriminierungsschutz kein probates Mittel gegen Homophobie. «Meinungen, die einem nicht passen, darf man nicht mit dem Strafgesetz zensurieren. Die Debatte muss in der Bevölkerung stattfinden. Homophobie muss man mit Argumenten bekämpfen, nicht mit dem Richter», sagt Amberg.
Homophobes Klima?
Messen lässt sich der Homo-Hass nicht. Es existieren keine Zahlen darüber, welche Straftaten in der Schweiz homophob motiviert sind. «Pink Cross», der Dachverband der Schwulen, zählt pro Woche rund zwei Meldungen – von Pöbelei bis zu körperlicher Gewalt.
Eine Untersuchung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) zeigt auf, dass Homophobie auch in der Schweiz verbreitet ist. «Rund 10 Prozent aller Erwachsenen bezeichnen Homosexualität als unmoralisch», sagt Dirk Baier vom Institut für Delinquenz und Kriminalprävention an der ZHAW. Rund 22 Prozent seien der Meinung, Ehen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern sollten nicht erlaubt sein.
Heute gilt der Schutz vor Hass aufgrund der Hautfarbe oder der Religion. Dieser soll nach dem Willen von Bundesrat und Parlament auf die sexuelle Orientierung ausgeweitet werden.