Ob auf Einfamilienhäusern oder Schulen – auf den Dächern schlummert viel Energiepotenzial. Darum soll es vorwärtsgehen mit der Solarstromproduktion im Kanton Bern. Pflicht oder Freiwilligkeit? Sowohl die Solarinitiative aus dem links-grünen Lager als auch der Gegenvorschlag des bürgerlich dominierten Kantonsparlaments wollen mehr Solarstrom an Gebäuden produzieren.
Wie das funktionieren soll, da gehen die Meinungen auseinander. Die Solarinitiative kommt am 9. Februar zusammen mit einem Gegenvorschlag vors Volk.
Initiative will Solardach-Pflicht
Die von den Grünen lancierte Initiative verlangt die Produktion von Solarenergie auf geeigneten Dächern und an Fassaden von Neubauten oder bei umfassenden Sanierungen. Für alle übrigen geeigneten Gebäude gilt eine Übergangsfrist bis 2040. Dann müssen auch auf bestehenden Gebäuden Photovoltaikanlagen stehen.
«Der Solar-Boom flacht bereits wieder etwas ab. Wir brauchen jedoch kontinuierlich einen hohen Solardach-Zubau, wenn wir die gesetzten Ziele erreichen wollen», sagt Beat Kohler, Grossrat der Grünen. Laut Angaben des Bundesamtes für Energie würden im Kanton Bern nur auf acht Prozent der geeigneten Dächer Solarstrom produziert – trotz des starken Wachstums in den letzten Jahren.
Mit der Installation von Solaranlagen auf Dächern könne die Versorgungssicherheit schnell, klimafreundlich und ohne zusätzlichen Landverbrauch verbessert werden, so das Initiativkomitee. Der Ausbau der Solarenergie schaffe zudem Arbeitsplätze und stärke die regionale Wirtschaft.
«Teure Zwängerei» oder Notwendigkeit?
Für das bürgerliche Bündnis ist die Solarinitiative hingegen «eine Zwängerei», durch das aus seiner Sicht viele Familien und Rentnerinnen und Rentner sowie Bauern «teuer zu stehen kommen» würden. «Die Solarinitiative geht viel zu weit, weil sie in das Eigentum der Bürgerinnen und Bürger eingreift. Und macht Auflagen, die zu unnötigen Kosten führen», sagt Mitte-Grossrat Francesco Rappa, Präsident des Hauseigentümerverbands.
Solarinitiative geht viel zu weit, weil sie in das Eigentum eingreift.
Bereits heute überprüfe jeder Hauseigentümer, jede Hauseigentümerin, ob man eine Solaranlage einbauen solle. Allein beim Energiekonzern BKW würden pro Tag 22 Solaranlagen ans Netz angeschlossen.
Gegenvorschlag setzt auf Freiwilligkeit
Die Kantonsregierung hat der Initiative einen Gegenvorschlag gegenübergestellt, der eine Solarpflicht für Neubauten vorsieht. Allerdings nur für Neubauten und nur für Dächer, nicht aber für Fassaden. Für bestehende Bauten ist keine Solarpflicht vorgesehen. Hauseigentümer, die ihr Dach sanieren wollen, sollen angeben müssen, ob sich die Dachflächen für die Nutzung von Solarenergie eignen würden.
Solarpflicht für 1000 Neubauten reicht nicht aus.
Zudem enthält der Gegenvorschlag eine Solarpflicht für grössere öffentliche Parkplätze. Für GLP-Grossrat Simon Buri reicht der Gegenvorschlag dennoch nicht aus: «Wir müssen die 200'000 bestehenden Häuser für die Energiegewinnung nutzen. Die 1000 jährlichen Neubauten reichen nicht.»
Der Gegenvorschlag hingegen setze die richtigen Anreize, so das Komitee. «Denn es gibt auch Gründe, die gegen eine Solaranlage sprechen. Etwa fehlende Anschlussmöglichkeiten oder fehlende Finanzen», sagt SVP-Grossrat Raphael Lanz und fügt an: «Dieser Zwang ist auch gar nicht nötig, weil der Ausbau der Solardächer bereits sehr gut funktioniert.»