Der Vorstoss im Zürcher Kantonsrat war dringlich, der Entscheid rasch gefällt. Das Parlament hat die Regierung beauftragt, an der Universität Zürich zusätzlich zu den bestehenden 380 Studienplätzen für Humanmedizinerinnen und -mediziner 500 neue zu schaffen – ohne Gegenstimme.
Der Zürcher Regierungsrat hat ein Jahr Zeit, um aufzuzeigen, wie eine Aufstockung möglich wäre und wie viel sie kosten würde. Mit der Massnahme soll der Kanton dazu beitragen, den Fachkräftemangel in der Schweiz zu bekämpfen.
Die Zeit rennt uns davon.
Denn der Fachkräftemangel sei in der Medizin besonders akut. Jetzt müsse dringend etwas passieren, sagt etwa FDP-Kantonsrätin Linda Camenisch: «Die Zeit rennt uns davon.» Alleine im Kanton Zürich fehlten rund 240 Hausärztinnen und Hausärzte, viele Fachkräfte würden bald pensioniert. Auch ihr eigener Hausarzt sei bereits im Pensionsalter.
«Wir können es uns in der Schweiz nicht mehr länger leisten, dass wir ausländische Ärzte einstellen, statt selber unseren Nachwuchs auszubilden», sagt Camenisch.
Entlastung zeigt sich erst verzögert
Auch Josef Widler von der Mitte-Partei sagt, es pressiere. Ergreife der Kanton jetzt Massnahmen, folge die Entlastung erst in einigen Jahren. Ab Studienbeginn dauere es zwölf Jahre, bis die Studierenden ihre Facharztausbildung abgeschlossen hätten. «Es ist höchste Zeit», betont deshalb auch er und ergänzt, die Politik habe es verschlafen, rechtzeitig etwas zu unternehmen.
Die junge Generation will nicht mehr 72 Stunden pro Woche arbeiten.
Ausserdem brauche es in Zukunft mehr Ärztinnen und Ärzte als früher. Nicht nur, weil die Bevölkerung gewachsen sei. Widler, der selbst Hausarzt ist, sagt: «Die junge Generation will nicht mehr 72 Stunden pro Woche arbeiten.» Heutzutage wollten viele Frauen und Männer Teilzeit arbeiten. Pro Arzt, der in Pension gehe, müsse der Kanton deshalb zwei junge ausbilden.
Damit es in der Medizin künftig die richtigen Fachkräfte gibt, brauche es zudem weitere Massnahmen. Darin sind sich die Mitglieder des Kantonsrates weitgehend einig. Während es genügend Spezialistinnen gebe, fehlten Grundversorger.
Parlament will Regierung Druck machen
SP-Kantonsrat Andreas Daurù sieht weiteren Handlungsbedarf. Aus seiner Sicht sollte es möglich sein, den Hausarztberuf auch in einem Anstellungsverhältnis auszuüben. «Junge möchten nicht unbedingt selbständige Unternehmerinnen und Unternehmer sein», sagt Daurù. Man müsse sich deshalb neue Formen der Gesundheitsversorgung überlegen.
Daurù sagt auch, im Parlament hätten sie sich erhofft, dass die Regierung die Studienplätze in der Medizin von sich aus erhöht hätte. Der Regierungsrat ist zuständig für die Festlegung der Anzahl Plätze. Im Sommer hat er mitgeteilt, dass die Zahl im Studienjahr 2025/2026 gleich bleibe wie im Vorjahr.
Wir befassen uns schon sehr lange mit der Frage, wie man die Anzahl der Medizinstudierenden markant erhöhen könnte.
Die Zürcher Bildungsdirektorin Silvia Steiner sagt auf Anfrage jedoch, dass das Parlament mit seiner Forderung offene Türen einrenne: «Wir befassen uns schon sehr lange mit der Frage, wie man die Anzahl der Medizinstudierenden markant erhöhen könnte.»
Steiner sagt jedoch auch, mit dem Mieten zusätzlicher Räume sei es nicht getan. Um die Qualität des Studiums erhalten zu können, müsse der Kanton den Ausbau umsichtig angehen. «Es braucht auch sehr gute Dozierende und ein angepasstes Curriculum mit mehr Praxisbezug.»
Eine Schätzung, wie lange der Ausbau des Medizinstudiums im Kanton Zürich dauern und wie viel er kosten wird, mag die Bildungsdirektorin derzeit noch nicht abgeben.