- Der Bundesrat will das Neubauverbot von Kernkraftwerken aufheben und damit sicherstellen, dass alle technologischen Optionen für die Stromproduktion in der Schweiz offenstehen.
- Schweizer Energieunternehmen sollen künftig wieder Atomstrom produzieren können, wenn sie das wollen.
- Doch Schweizer Stromproduzenten hegen keine Pläne für den Bau neuer AKW, da dieser Jahrzehnte dauern würde und von den Unternehmen selbst nicht finanzierbar wäre.
Grundsätzlich sei es richtig, das AKW-Verbot aufzuheben, sagt Claudia Egli vom Verband der Schweizerischen Elektrizitätsunternehmen. In der Energiebranche sollte man für alle Technologien offen sein. «Je mehr Optionen wir für die Zukunft haben, desto mehr Handlungsspielraum haben wir – und zu diesen Optionen könnte natürlich auch die Kernkraft gehören», so Egli.
Bis ein neues Kernkraftwerk am Netz wäre, würden mindestens 20 Jahre vergehen.
Dies ist die Grundsatzhaltung der Energieunternehmen. Doch dann folgt das grosse Aber, denn: Ernsthafte Pläne, ein neues AKW zu bauen, hegt keiner der Schweizer Stromproduzenten. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Lange Bauzeit und finanzielles Risiko
Erstens würde der Bau eines neuen AKW sehr lange dauern, wie Martin Stucki vom Energiekonzern Axpo ausführt. «Bis ein neues Kernkraftwerk am Netz wäre, würden mindestens 20 Jahre vergehen.» Die Schweiz brauche aber schneller mehr Strom, weswegen sich die Axpo weiterhin auf den Ausbau der erneuerbaren Energien konzentriere.
Zweitens wären Planung, Bau und Betrieb eines AKW mit hohen finanziellen Risiken verbunden, die kaum ein Stromproduzent tragen könnte, sagt Markus Ehinger vom Energiekonzern BKW. Die Wirtschaftlichkeit neuer Kernkraftwerke sei in der Schweiz momentan nicht gegeben. «Neue Kernkraftwerke werden eigentlich nur dort gebaut, wo der Staat entweder direkt selber baut oder die Anlagen in einem hohen Masse staatlich gefördert werden», so Ehinger weiter. Und ohne staatliche Subventionen seien auch in der Schweiz neue AKW kaum realisierbar.
Nils Epprecht von der atomkritischen Schweizerischen Energiestiftung ärgert sich daher, dass der Bundesrat mit der Aufhebung des AKW-Verbots den Weg für neue Kernkraftwerke ebnen will. Schliesslich sei die Kernkraft in der Energiebranche gar nicht gefragt.
Dieser Entscheid sabotiert sehr direkt die Energiewende.
Zudem müssten Bau und Betrieb wahrscheinlich auch mit Staatsgeldern unterstützt werden, die wiederum beim Umstieg auf die erneuerbaren Energien fehlen würden. «Beides geht nicht», sagt Epprecht. «Wir können nicht Kosten für ein neues Atomkraftwerk und Kosten für den Ausbau der Erneuerbaren schultern. Dieser Entscheid sabotiert sehr direkt die Energiewende.»
Definitiv ist die Aufhebung des AKW-Verbots allerdings noch nicht. Der Entscheid des Bundesrates geht nun in die Vernehmlassung – und es ist gut vorstellbar, dass am Schluss die Bevölkerung in dieser Sache entscheidet.