Uli Lux und Patricia Ulrich rasen mit Blaulicht und Sirene durch Zürich: Ein Notruf aus einer Arztpraxis, wo ein über 80-jähriger Mann an akuter Atemnot leidet. Sie können den Patienten stabilisieren und bringen ihn auf den Notfall des Universitätsspitals. «Das war jetzt eher ein stressiger Einsatz», sagt Uli Lux in der «Rundschau»-Reportage.
Die beiden Rettungssanitäterinnen von Schutz & Rettung Zürich haben noch nicht einmal das Einsatzprotokoll fertig ausgefüllt, da ruft schon der nächste Einsatz. Beide sind mit spürbarer Begeisterung an der Arbeit. Doch auch sie merken den Druck.
Starke Zunahme der Notrufe
«Nach Covid gab es Einsätze ohne Ende», sagt Uli Lux. «Man hat gemerkt, dass bei uns Leute fehlen – krankheitsbedingt oder weil sie gekündigt haben.»
Vorläufige Zahlen des Interverbands für Rettungswesen zeigen: Die Notrufe haben letztes Jahr schweizweit um 11 Prozent zugenommen gegenüber dem Vorjahr. Über die Gründe spekulieren die Fachverbände noch. Ein Teil ist dem Bevölkerungswachstum und Corona geschuldet. Doch dazu kommt: «Viele Leute sind nicht durch einen Hausarzt abgedeckt», sagt Andrea Wettstein, die die Anrufe in der Einsatzleitzentrale Zürich entgegennimmt. «Die rufen dann einfach mal die 144 an, weil sie zum Teil gar nicht wissen, an wen sich sonst wenden könnten.»
Personalmangel bekämpfen
Dazu kommt der Personalmangel, über den sich der Berufsverband des Rettungsdienstpersonals Sorgen macht. Präsident Michael Schumann: «Es ist jetzt Zeit zum Handeln, da sind wir überzeugt. Wir müssen die Weichen stellen, damit wir auch zukünftig im Rettungswesen noch so aufgestellt sind, dass bei einem Notfall rechtzeitig ein Rettungswagen kommt.»
Es gebe heute mehrmals pro Tag kritische Situationen, wo Ambulanzen aus ihrem angestammten Gebiet versetzt werden müssten, damit eine andere Region wieder abgedeckt und bereit für den nächsten Notfall sei, ergänzt Theo Flacher, Bereichsleiter Einsatz und Prävention bei Schutz & Rettung Zürich.
Pensionierte Rettungssanitäter zurückholen
Die Arbeitgeber haben reagiert. In Zürich gab es eine Lohnerhöhung, und an flexibleren Teilzeitmodellen wird gearbeitet. Auch Pensionierte sollen zurückgeholt werden. Zudem sollen in Zürich noch dieses Jahr sogenannte präklinische Fachspezialistinnen und -spezialisten eingesetzt werden, die bei gewissen Einsätzen alleine vor Ort gehen und erst dort entscheiden, ob es einen Rettungswagen braucht.
«Das Ziel ist, dass wir einen Rettungswagen mit diplomiertem Personal für dringliche Notfälle wie den klassischen Verkehrsunfall oder einen Herzinfarkt vorhalten können. Die neue Funktion übernimmt eine Art Triage», sagt Michael Schumann, Leiter Sanität bei Schutz & Rettung Zürich.
Die Rettungssanitäterinnen Uli Lux und Patricia Ulrich fahren an diesem Tag in ihrer 12-Stunden-Schicht acht Einsätze, mit wenigen Pausen. «Langfristig muss sich auf alle Fälle etwas ändern», findet Uli Lux, «sonst verheizt es dann auch noch jene, die jetzt noch können.»