Die Schweizer Stahlwerke beschäftigen viele Angestellte, aber sie sind gefährdet. Das Innerschweizer Unternehmen Swiss Steel will in der Schweiz 130 Stellen streichen, das Stahlwerk Gerlafingen erneut 120. Hunderte Angestellte des Stahlwerks Gerlafingen protestierten und forderten Hilfe von Bundesrat und Parlament.
Ein erster Entscheid fällt am Dienstag: Dann debattiert der Nationalrat über tiefere Strompreise für die Stahlwerke. Die Anspannung bei den Betroffenen ist gross, wie ein Besuch im Stahlwerk Gerlafingen zeigt.
Im Stahlwerk zu arbeiten, sei momentan nicht einfach, sagt Mitarbeiter Roland Tschanz gegenüber SRF. Er meint damit nicht die körperlich strenge Arbeit, sondern die unsicheren Zeiten: «Wir wissen nicht, was passiert. Ob das Stahlwerk abgestellt wird. Ob wir bleiben können. Wir wissen auch nicht, was los ist.»
Wir wissen nicht, was passiert. Ob das Stahlwerk abgestellt wird. Ob wir bleiben können.
Auch Markus Bernet arbeitet im Stahlwerk, seit elf Jahren. Er habe sich gefreut, als das Stahlwerk den momentanen Verzicht auf den Stellenabbau verkündete. «Aber es bleibt ungewiss, ob es doch noch dazu kommt.» Nun sei die Politik gefordert.
Auch der Präsident der Personalkommission, Silvio Beck, hofft auf die Politik und tiefere Strompreise: «Es wäre sicher ein sehr wichtiges Signal, auch gegenüber den Eigentümern in Italien, dass die Schweizer Politik nach wie vor daran interessiert ist, Industrie in der Schweiz zu behalten.»
Ein Thema am Stammtisch
Die Zukunft des Stahlwerks beschäftigt auch ehemalige Mitarbeiter. Sie treffen sich jeden Morgen am Stammtisch des Restaurants Eisenhammer in Gerlafingen. René Wüthrich zeigt sich nachdenklich: «Gerade in dieser Region gibt es grosse Firmen wie die Papierfabriken Biberist und Utzenstorf und Sulzer in Zuchwil nicht mehr.»
René Christen ist sich am Stammtisch nicht sicher, ob dem Stahlwerk das gleiche Schicksal widerfahren soll: «Manchmal habe ich ein zweischneidiges Gefühl, ob man sie pleitegehen lassen soll. Aber wenn ich an die Arbeiter denke, ist es wieder etwas anderes. Dann hoffe ich, dass es weiter geht auf irgendeine Art und Weise.»
Weitergehen dürfte es, zumindest vorläufig, wenn das Bundesparlament den Strompreis senken würde. Hinter diese Hilfe stellen sich im Kanton Solothurn Politikerinnen und Politiker von links bis rechts. Nur wenige äussern Zweifel.
Einer der wenigen Kritiker ist FDP-Kantonsrat Christian Thalmann. Er arbeitet selbst in einem Industriebetrieb, und will nichts von Staatshilfen wissen: «Es ist nicht die Aufgabe des Bundes und der Kantone, Industriefirmen zu unterstützen oder zu sanieren.» Er glaubt, dass sich bei einem Untergang des Stahlwerks neue Firmen im Kanton ansiedeln würden.
Hoffnung ruht auf National- und Ständerat
Nun liegt ein weiterer Entscheid beim Parlament in Bern. Dieses muss entscheiden, ob die Stahlindustrie von einem günstigeren Strompreis profitieren soll. Damit bliebe das Stahlwerk in Gerlafingen zumindest fürs Erste erhalten. Ob das die italienischen Besitzer des Stahlwerks, die Beltrame Gruppe, überzeugen würde, an den Schweizer Arbeitsplätzen festzuhalten, wird sich zeigen.
Die Hoffnungen liegen nun zuerst auf dem Nationalrat. Später debattiert auch der Ständerat darüber.