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Anspannung vor Entscheid Hoffen und Bangen im Stahlwerk Gerlafingen vor Parlamentsdebatte

In Gerlafingen wartet man gespannt auf den Entscheid aus Bern. Es geht um das Überleben der eigenen Stahlindustrie. Ein Stimmungsbericht vor dem Nationalratsentscheid.

Die Schweizer Stahlwerke beschäftigen viele Angestellte, aber sie sind gefährdet. Das Innerschweizer Unternehmen Swiss Steel will in der Schweiz 130 Stellen streichen, das Stahlwerk Gerlafingen erneut 120. Hunderte Angestellte des Stahlwerks Gerlafingen protestierten und forderten Hilfe von Bundesrat und Parlament.

Ein erster Entscheid fällt am Dienstag: Dann debattiert der Nationalrat über tiefere Strompreise für die Stahlwerke. Die Anspannung bei den Betroffenen ist gross, wie ein Besuch im Stahlwerk Gerlafingen zeigt.

Das Problem des Schweizer Stahls

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Stahlträger
Legende: Keystone/Christian Beutler
  • Die Stahl Gerlafingen gehört zur italienischen Beltrame-Gruppe.
  • Die Stahl Gerlafingen stellt unter anderem Profilstahl her, also klassische Stahlträger.
  • Für den Profilstahl ist das Marktumfeld besonders schwierig.
  • Seit 2023 hat die Schweiz kein eigenes Kontingent mehr für den Export in die EU. Darum sei der Export eingebrochen, heisst es beim Stahlwerk.
  • Damit verletze die EU das Freihandelsabkommen, das sie 1972 mit der Schweiz abgeschlossen hat und verunmögliche praktisch den Export in die EU.
  • Hinzu kommen die Energiepreise. Diese seien horrend. Stahl Gerlafingen kritisierte, dass die Schweiz die Stahlunternehmen nicht finanziell unterstützt.

Im Stahlwerk zu arbeiten, sei momentan nicht einfach, sagt Mitarbeiter Roland Tschanz gegenüber SRF. Er meint damit nicht die körperlich strenge Arbeit, sondern die unsicheren Zeiten: «Wir wissen nicht, was passiert. Ob das Stahlwerk abgestellt wird. Ob wir bleiben können. Wir wissen auch nicht, was los ist.»

Wir wissen nicht, was passiert. Ob das Stahlwerk abgestellt wird. Ob wir bleiben können.
Autor: Roland Tschanz Mitarbeiter Stahlwerk Gerlafingen

Auch Markus Bernet arbeitet im Stahlwerk, seit elf Jahren. Er habe sich gefreut, als das Stahlwerk den momentanen Verzicht auf den Stellenabbau verkündete. «Aber es bleibt ungewiss, ob es doch noch dazu kommt.» Nun sei die Politik gefordert.

Ein Mann mit Helm vor einem Mikrofon
Legende: Markus Bernet wartet gespannt auf den Parlamentsentscheid. SRF

Auch der Präsident der Personalkommission, Silvio Beck, hofft auf die Politik und tiefere Strompreise: «Es wäre sicher ein sehr wichtiges Signal, auch gegenüber den Eigentümern in Italien, dass die Schweizer Politik nach wie vor daran interessiert ist, Industrie in der Schweiz zu behalten.»

Ein Thema am Stammtisch

Die Zukunft des Stahlwerks beschäftigt auch ehemalige Mitarbeiter. Sie treffen sich jeden Morgen am Stammtisch des Restaurants Eisenhammer in Gerlafingen. René Wüthrich zeigt sich nachdenklich: «Gerade in dieser Region gibt es grosse Firmen wie die Papierfabriken Biberist und Utzenstorf und Sulzer in Zuchwil nicht mehr.»

Mehrere Herren an einem Tisch
Legende: Der Rückgang der Industrie beschäftigt den Stammtisch der Stahl Gerlafingen. SRF

René Christen ist sich am Stammtisch nicht sicher, ob dem Stahlwerk das gleiche Schicksal widerfahren soll: «Manchmal habe ich ein zweischneidiges Gefühl, ob man sie pleitegehen lassen soll. Aber wenn ich an die Arbeiter denke, ist es wieder etwas anderes. Dann hoffe ich, dass es weiter geht auf irgendeine Art und Weise.»

Ein Mann schaut auf eine Webmaschine.
Legende: Christian Thalmann ist kritisch gegenüber Staatshilfe. Er selbst arbeitet in einem Produktionsbetrieb. SRF

Weitergehen dürfte es, zumindest vorläufig, wenn das Bundesparlament den Strompreis senken würde. Hinter diese Hilfe stellen sich im Kanton Solothurn Politikerinnen und Politiker von links bis rechts. Nur wenige äussern Zweifel.

Nicht die erste Krise des Stahlwerks Gerlafingen

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  • Bereits Ende der 90er-Jahre war eine mögliche Schliessung des Stahlwerks ein Thema.
  • Damals arbeiteten 3000 Personen für das Stahlwerk Gerlafingen – heute sind es noch 500.
  • Die Zukunft des Stahlwerks in Gerlafingen, einer Tochtergesellschaft der italienischen Beltrame Group, ist seit Längerem ungewiss.
  • Im Frühling hatte die Stahl Gerlafingen AG die Schliessung einer der beiden Produktionslinie beschlossen, was zu einem Abbau von rund 60 Arbeitsplätzen geführt hat.
  • Anfang November dann kam die Information, dass 120 Mitarbeiter entlassen werden sollen.

Einer der wenigen Kritiker ist FDP-Kantonsrat Christian Thalmann. Er arbeitet selbst in einem Industriebetrieb, und will nichts von Staatshilfen wissen: «Es ist nicht die Aufgabe des Bundes und der Kantone, Industriefirmen zu unterstützen oder zu sanieren.» Er glaubt, dass sich bei einem Untergang des Stahlwerks neue Firmen im Kanton ansiedeln würden.

Hoffnung ruht auf National- und Ständerat

Nun liegt ein weiterer Entscheid beim Parlament in Bern. Dieses muss entscheiden, ob die Stahlindustrie von einem günstigeren Strompreis profitieren soll. Damit bliebe das Stahlwerk in Gerlafingen zumindest fürs Erste erhalten. Ob das die italienischen Besitzer des Stahlwerks, die Beltrame Gruppe, überzeugen würde, an den Schweizer Arbeitsplätzen festzuhalten, wird sich zeigen.

Die Hoffnungen liegen nun zuerst auf dem Nationalrat. Später debattiert auch der Ständerat darüber.

Schweiz Aktuell, 9.12.2024, 19 Uhr ; 

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