Kaum ist die Politik ins Wahljahr 2023 gestartet, muss sie sich mit möglichen Indiskretionen im Bundeshaus herumschlagen.
«Die schwerwiegenden Vorwürfe um das Departement von SP-Bundesrat Alain Berset helfen der SP beim Wahlkampf natürlich nicht», gestand Mattea Meyer, Co-Präsidentin der SP Schweiz, in der «Arena» ein.
Mittlerweile untersuchen Sonderermittler sowie die Geschäftsprüfungskommissionen des Nationalrates und des Ständerates GPK die Vorwürfe, wonach Bersets Kommunikationschef während der Pandemie dem Verlagschef von Ringier vertrauliche Informationen vorab zugestellt haben soll.
Die Untersuchung der GPK wurde zudem auf den Gesamtbundesrat ausgeweitet und soll feststellen, ob es auch in anderen Departementen zu Indiskretionen gekommen ist.
Dass der Verdacht auf Indiskretionen von der Justiz überprüft werde, sei wichtig, sagte Meyer. Dennoch seien Vorverurteilungen unangebracht. Bundesrat Berset habe in der Corona-Pandemie gute Arbeit geleistet. «Ich finde es beunruhigend, dass die SVP versucht, aus dieser Situation politisches Kapital zu schlagen», so Meyer.
«Wenn Bundesrat Berset Kenntnis über die Indiskretionen hatte, ist es eine Führungskrise, wenn er es nicht gewusst hatte, dann ist es eine institutionelle Krise», entgegnete ihr SVP-Präsident Marco Chiesa. Es sei abzuwarten, was die Untersuchungen der GPK ergäben. «Aber als Departementsvorsteher muss Berset Verantwortung übernehmen und eine Entscheidung treffen», so Chiesa. Er gehe deshalb davon aus, dass Berset bei den Gesamterneuerungswahlen nicht wieder antreten werde.
Bei FDP-Präsisdent Thierry Burkart ist das Vertrauen bislang noch ungebrochen: «Solange wir nicht das Gegenteil bewiesen haben, glaube ich dem Wort von Bundesrat Berset, an dem wird er auch gemessen werden.»
Dass man die Vorwürfe als Anlass nimmt, die Vorgänge im Gesamtbundesrat zu untersuchen, findet Marianne Binder, Mitglied Mitte-Parteipräsidium, begrüssenswert. «Die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesrat und anderen Gremien wird erschwert, wenn Vertraulichkeitsverletzungen befürchtet werden müssen.»
Hitzige Debatte um die Wahlkampfthemen der Parteien
Neben der Untersuchung um Alain Berset standen auch die Wahlkampfthemen in der «Arena» im Vordergrund.
So setzt die SVP etwa auf das Thema Zuwanderung. «Letztes Jahr sind 200'000 Personen eingewandert», sagte Chiesa, «das ist einfach unverhältnismässig und muss gesteuert werden, um unseren Wohlstand zu erhalten.»
Man legt die Fesseln immer enger, wir haben immer mehr Vorschriften und Bürokratie.
Politik dürfe nicht auf Kosten der Menschen gemacht werden, erwiderte dazu Meyer. Sie kämpfe stattdessen für tiefere Mieten, mehr Kita-Plätze sowie ein besseres Rentensystem, vor allem für Frauen, damit das Fachkräftepotential im Inland besser ausgeschöpft werden könne.
Für Thierry Burkart hingegen steht die liberale Wirtschaftspolitik im Vordergrund: «Man legt die Fesseln immer enger, wir haben immer mehr Vorschriften und Bürokratie.» Das schade der Innovation. Nachholbedarf bestehe zudem bei der Digitalisierung.
Für Marianne Binder steht unter anderem die Kaufkraft und damit verbunden die Gesundheitskosten im Fokus. «Wir haben ein gut funktionierendes Gesundheitswesen, aber es verursacht Kosten, die vermeidbar wären. Dadurch steigen die Krankenkassenprämien, was zum Problem für den Mittelstand wird.»
Muss das Kriegsmaterialgesetz angepasst werden?
Zuletzt ging es in der «Arena» auch um die Situation in der Ukraine und die Schweizer Nichtwiederausfuhr-Erklärung, wonach es Ländern, die Munition und Waffen in der Schweiz gekauft haben, untersagt ist, diese nun weiter in die Ukraine zu liefern.
Während die Schweizer Neutralität für Marco Chiesa solche Lieferungen klar verbietet, erwägen die übrigen Gäste eine Anpassung des Gesetzes. «Wir torpedieren die Sicherheitsbemühungen des Westens, das kann nicht die Meinung von Neutralität sein», sagte Burkart.
Welche Partei mit welchen Themen bei den Wählerinnen und Wählern im Wahljahr punkten wird, wird sich zeigen. An Engagement in den hitzigen Diskussionen in der «Arena» fehlte jedenfalls nicht.