Seit Tagen macht die Affäre rund um Bundesrat Alain Berset Schlagzeilen: Bersets früherer Kommunikationschef Peter Lauener soll den Geschäftsführer des Ringier-Verlags, Marc Walder, privilegiert mit vertraulichen Informationen über Bundesratsgeschäfte informiert haben.
Ob und wie viel SP-Bundesrat Alain Berset davon wusste, ist unklar. Jetzt nimmt zum ersten Mal die SP-Parteispitze dazu Stellung: Die Vorkommnisse müssten untersucht werden, sagte Co-Präsident Cédric Wermuth in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF: «Es ist klar, es gab Indiskretionen, die liegen auf dem Tisch. Und das ist ein Problem.»
Allerdings weist Wermuth darauf hin, dass eine Untersuchung bereits am Laufen sei: «Der Bundesrat hat angekündigt, dass er sich der Diskussion stellen will. Die Geschäftsprüfungskommission und die Justiz auch. In dem Sinne finde ich, ist das richtig angelaufen.»
Leider ist die Landesregierung seit ein paar Jahren ein absolutes Sieb, was den Inhalt der Sitzungen betrifft. Ich bin sogar froh, wenn das mal auf den Tisch kommt.
Indiskretionen gebe es in Bundesbern jedoch täglich: «Leider ist die Landesregierung seit ein paar Jahren ein absolutes Sieb, was den Inhalt der Sitzungen betrifft. Ich bin sogar froh, wenn das mal auf den Tisch kommt», so der SP-Co-Präsident. Aus diesem Fall einen Einzelfall zu machen, sei nicht korrekt.
Auch vor voreiligen Schlüssen warnt Wermuth. Ob es sich im juristischen Sinn um Amtsgeheimnisverletzungen handle, müssten die Gerichte klären.
Dass sich SP-Bundesrat Berset gegenüber der Öffentlichkeit nicht zum Fall äussert, sieht Wermuth als sein persönliches Recht. Auf den Einwand, dass ein Bundesrat im Gegensatz zu Privatpersonen eine Rechenschaftspflicht hat, sagt Wermuth: «Natürlich wird er sich erklären müssen.» Dies müsse aber innerhalb der Geschäftsprüfungskommission, innerhalb des Bundesrats geschehen. «Das sind die zuständigen Institutionen.» Es gibt hierzulande zum Glück festgelegte Wege, wie man solche Fragen aufarbeitet, damit es korrekt läuft. Und das muss auch in diesem Fall so sein.»
Der SP-Co-Präsident kritisierte die Forderung nach der sofortigen Veröffentlichung von Informationen. Wer dies wolle, verlange de facto eine Vorverurteilung etwa namentlich genannter Mitarbeitenden der Bundesverwaltung. Das Parlament könne nicht einen öffentlichen Pranger schaffen.
Es gibt zum Glück eine Unabhängigkeit von Bundesrätinnen und Bundesräten von ihrer Partei, und das versuchen wir auch so weit wie möglich einzuhalten.
Sich selbst als SP-Co-Präsident sieht Wermuth nicht in der Pflicht: «So läuft das in der Politik nicht. Es gibt zum Glück eine Unabhängigkeit von Bundesrätinnen und Bundesräten von ihrer Partei, und das versuchen wir auch so weit wie möglich einzuhalten.» Und es sei auch nicht seine Aufgabe, den Job der Justiz oder der Geschäftsprüfungskommission oder des Bundesrates zu machen.
«Politische Kampagne gegen die SP»
Wermuth spricht von einer politischen Kampagne gegen seine Partei im Wahljahr. «Es ist nicht die erste, und es wird auch nicht die letzte sein.» Der Versuch, damit Wahlkampf zu machen, überrasche ihn nicht.
Die Menschen haben ihm in der Pandemie vertraut, und das ist für mich entscheidend.
Der SP-Bundesrat habe weiterhin sein Vertrauen: «Alain Berset hat zweifelsohne – bei allen Vorwürfen, die es gegen ihn gibt – in diesem Land während der Coronazeit anerkannterweise einen hervorragenden Job gemacht.» Wenn man mit den Menschen auf der Strasse rede und die Umfragen betrachte, sei klar, dass er mit Abstand einer der beliebtesten Politiker sei. «Die Menschen haben ihm in der Pandemie vertraut, und das ist für mich entscheidend.»