Die 17-jährige Solomiia Fedorchuk aus der Ukraine und die 18-jährige Shakila Ansari aus Afghanistan sind beide vor dem Krieg in ihrer Heimat in die Schweiz geflüchtet. Obwohl die jungen Frauen ein ähnliches Schicksal teilen, haben sie hier nicht die gleichen Rechte.
Denn Geflüchtete aus der Ukraine erhalten den Schutzstatus S. Shakila Ansari hingegen besitzt den sogenannten F-Ausweis. Dieser unterscheidet sich in wesentlichen Punkten vom Schutzstatus S.
Fedorchuk ist seit Anfang März in der Schweiz, wie sie in der «Arena» erzählte. Von Kiew kam sie nach Bern, lebt nun dort bei Freunden ihrer Familie und besucht das Gymnasium. «In gewisser Weise lebe ich den gewöhnlichen Alltag eines Teenagers.»
Ihre Gedanken seien aber in der Ukraine. Ihre Eltern und ihre Brüder sind noch immer dort. Das sei eine sehr zermürbende Situation. Doch sie sei hier gut aufgenommen wurden. Sie erhalte grosse Unterstützung von ihren Mitschülerinnen und Mitschülern.
Schwierige Lehrstellensuche und Reiseverbot
Eine andere Erfahrung schilderte Shakila Ansari in der Sendung. Ansari hat eine wahre Odyssee hinter sich: Von Afghanistan flüchtete sie über den Iran, Griechenland und Italien in die Schweiz. Damals war sie 16 Jahre alt. Es sei ein langer Prozess gewesen, bis sie schliesslich den F-Ausweis erhalten habe.
Ansari besucht die kantonale Schule für Berufsbildung in Aarau und würde gerne eine Lehre als Augenoptikerin beginnen. Doch die Lehrstellensuche gestalte sich schwierig. «Häufig verstehen die Arbeitgeber nicht, was ‹vorläufig aufgenommen› bedeutet.» Vielen sei dieser Status F zu unsicher.
Diese Ungleichbehandlung der Geflüchteten ist unfair.
Neben weiteren Hindernissen im Alltag vermisst Ansari vor allem ihre Familie. Anders als Geflüchtete aus der Ukraine mit Schutzstatus S dürfen Geflüchtete mit F-Ausweis grundsätzlich nicht reisen und auch der Nachzug der Familie ist erst nach drei Jahren möglich.
Diese Ungleichbehandlung empfindet Ansari als «unfair». Auch in ihrem Land herrsche Krieg, auch dort fielen Bomben. «Geflüchtete sind Geflüchtete, egal woher sie kommen.»
Gleiche Rechte für alle Geflüchteten?
Die Frage, ob und weshalb für Geflüchtete aus Kriegsgebieten unterschiedliche Rechte und Pflichten gelten sollen, wurde von den Gästen in der Sendung ganz unterschiedlich beantwortet.
«Wir können nicht jeden, der aus einem Kriegsgebiet kommt, unbürokratisch aufnehmen», wandte SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann ein. Das sei schlicht nicht realistisch. Ausserdem sei der Schutzstatus S rückkehrorientiert. Heisst: Die aus der Ukraine geflüchteten Menschen würden zu gegebener Zeit wieder in ihr Land zurückkehren. Anders bei Personen, deren Status individuell abgeklärt wird.
Anders die Einschätzung von Balthasar Glättli, Präsident Grüne: «Wer Schutz sucht, soll diesen zu den gleichen Bedingungen in der Schweiz erhalten.» Deshalb ist für Glättli klar, dass allen Geflüchteten die gleichen Chancen und Perspektiven geboten werden, wenn keine Möglichkeit besteht, sicher ins Heimatland zurückzukehren.
Die bewährte Asylpolitik über den Haufen zu werfen, ist höchstgefährlich.
Mit dieser Forderung würde der Sozialstaat massiv ausgebaut, mahnte der Aargauer FDP-Grossrat Adrian Schoop an. Nicht jede geflüchtete Person sei ein richtiger Flüchtling. In der Asylpolitik gäbe es hierfür klare Regeln. «Diese Asylpolitik, die sich über Jahre bewährt hat, aufgrund von Emotionen über den Haufen zu werfen, ist höchst gefährlich.» Vielmehr brauche es eine langfristige Lösung.
Wenn der politische Wille da ist, ist eine würdevolle Flüchtlingspolitik möglich.
«Wir haben eine starke Wirtschaft und eine humanitäre Tradition», sagte die Basler SP-Grossrätin Edibe Gölgeli. Die Kapazitäten und Ressourcen, um schutzbedürftige Menschen aufzunehmen, seien in der Schweiz vorhanden. Die Aufnahme der rund 50'000 Geflüchteten aus der Ukraine habe gezeigt, dass eine würdevolle Flüchtlingspolitik möglich sei, so die Grossrätin aus dem Kanton Basel-Stadt. «Der politische Wille muss da sein.»