Es war das Polit-Gesprächsthema Nummer 1 am gestrigen Tag: Bundesrat Ueli Maurer hat seinen Rücktritt bekannt gegeben. In der «Arena» zollten ihm die Politikerinnen und Politiker von SP bis SVP Respekt für seine Verdienste für die Schweiz. «Ueli, vielen Dank für deine Arbeit», sagte etwa seine Parteikollegin und SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr. Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen und noch am Anfang seiner Politkarriere, bewunderte insbesondere Maurers Volksnähe.
Nun ist man aber auch gespannt auf Maurers Nachfolgerin oder Nachfolger – und äusserte verhalten Kritik am heutigen Gremium: «Es muss eine Person sein, die sich gut in die Kollegialitätsregierung einfügt», sagte etwa SP-Nationalrätin Flavia Wasserfallen. GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy stimmte ihr zu: «Das Departementsdenken ist aktuell sehr ausgeprägt, der Bundesrat muss wieder geeinter zusammenarbeiten.»
«Für die SVP könnte durchaus einmal eine Frau im Bundesrat sitzen», sagte Bertschy und leitete damit den Übergang ein zum Hauptthema der Sendung: der Gleichstellung von Mann und Frau und der Frage, wie es in der 2. Säule hinsichtlich der Situation der Frauen weitergehen müsse.
Rekordtiefer Geschlechtergraben
Denn die Frauen haben die Abstimmung verloren: Zwei Drittel haben die AHV-Reform abgelehnt. Zwei Drittel der Männer hingegen haben sie angenommen. Noch nie zuvor zeigte sich in einer Abstimmung ein so tiefer Geschlechtergraben.
Am Tag nach der Abstimmung verschaffte eine Gruppe linker Frauen bei einer Protestaktion ihrem Ärger Luft und drohte mit dem Frauenstreik.
Die Gleichstellung ist erreicht.
«Es ist undemokratisch», sagte SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr, «wenn man am Montag nach der Abstimmung behauptet, die Minderheit habe recht». Der Entscheid der Stimmbevölkerung sei zu akzeptieren. «Die Linken manifestieren damit die Opferrolle der Frau», so Gutjahr weiter. Von dieser müssten sich die Frauen endlich lösen. Denn: «Die Gleichstellung ist erreicht.»
Es braucht den Druck von der Strasse.
«Selbstverständlich akzeptiere ich das demokratische Ergebnis», sagte dazu Flavia Wasserfallen, die selbst an der Protestaktion teilgenommen hatte. Es sei aber auch legitim, den Druck aufrechtzuerhalten. Die Enttäuschung nach der Abstimmung sei gross: «Die Frauen bezahlen die Last.»
Lösung bei Rentenlücke gefordert
Es sei nur logisch, dass man die Versprechungen, das Problem der Rentenlücke und der Lohnungleichheit auf einem anderen Weg zu lösen, nun auch einfordere. «Wir hätten kein Frauenstimmrecht, wenn es nicht auch immer den Druck von der Strasse gegeben hätte.» Die Vorlage habe vielfache Gräben durch die Schweiz gezogen. So hätten nicht nur Frauen, sondern grundsätzlich Personen mit tiefen Einkommen die Vorlage abgelehnt.
Statt dass sich bürgerliche und linke Frauen nun angriffen, sei es an der Zeit, die Diskussion wieder auf eine inhaltliche Ebene zu bringen, versuchte GLP-Nationalrätin Kathrin-Bertschy die Wogen zu glätten. Geht es nach Bertschy, sollten bei der Reform der 2. Säule diejenigen Massnahmen, bei denen Konsens herrscht, sofort umgesetzt werden, um die Rentenlücke zu schliessen. Denn Frauen hätten nicht nur schlechtere Löhne, sie seien im Erwerbsleben auch schlechter versichert als Männer.
Konkrete Massnahmen sieht sie unter anderem in der Senkung der Eintrittsschwelle in die Pensionskasse oder der Abschaffung des Koordinationsabzugs – so würden auch kleinere Einkommen besser versichert. Zudem müssten Hürden abgeschafft werden, die Frauen den Wiedereinstieg in das Berufsleben erschwerten.
«Die AHV den heutigen Begebenheiten anzupassen, war ein notwendiger Schritt», sagte Matthias Müller. Nun gelte es, in der 2. Säule Anpassungen zu machen, um die Situation nicht nur der Frauen, sondern auch der Jungen zu verbessern, die oftmals im Tieflohnsektor oder Teilzeit arbeiteten.
Uneinigkeit, ob Gleichstellung gelebt wird
Zudem kritisierte er, dass es der Linken immer nur um die 1. Säule gehe; eigentlich fordere sie die «Volkspension». Dabei kenne die Schweiz ein Dreisäulensystem. «Niemand muss in der Schweiz mit der AHV allein auskommen.» Neben dem BVG und der 3. Säule, gebe es auch Ergänzungsleistungen, die denjenigen zugutekämen, die nicht genug zum Leben haben.
Die Gleichstellung ist seit 1981 in der Verfassung verankert. Doch ob sie heute tatsächlich gelebt wird, darüber gingen die Meinungen der Gäste weit auseinander. Während die bürgerlichen Politikerinnen und Politiker die Gleichberechtigung weitgehend als erreicht einschätzen, sehen die linken Politikerinnen noch massives Verbesserungspotential.