Die Basler Fasnachtsseele brodelt. Nachdem der Lokalsender Telebasel am Dienstag publik gemacht hat, dass dieses Jahr keine Schnitzelbänke aufgezeichnet und am Fernsehen gezeigt würden, herrscht dicke Luft – auch in den sozialen Medien. Aber erst mal von vorne.
Als letztes Jahr wegen der Corona-Pandemie die Basler Fasnacht das erste Mal seit hundert Jahren kurzfristig abgesagt wurde, trösteten sich viele Fasnachtsliebhaber damit, dass wenigstens die Schnitzelbänke aufgezeichnet und am lokalen Fernsehsender, im Regionaljournal sowie Online gezeigt wurden. Ohne Publikum, aber immerhin.
Auch dieses Jahr wollte Telebasel wieder so verfahren. 20 Schnitzelbank-Formationen seien bereit gewesen, sagt Redaktionsleiter Hansjörg Wilhelm. Die Aufzeichnung wäre in jeglicher Hinsicht coronakonform gewesen. Jede Formation wäre separat, während eines bestimmten Zeitslots, aufgenommen worden.
Dazu kam es jedoch nicht, denn das Basler Gesundheitsdepartement teilte dem Sender schriftlich mit, dass solche Auftritte – auch wenn sie ohne Publikum stattfinden – nicht erlaubt seien. Denn wegen der Pandemie gilt in der Schweiz zurzeit ein Singverbot im nicht-professionellen Bereich.
Zwar sieht die Covid-19-Verordnung Ausnahmen vor. Diese dürfen jedoch nur erteilt werden in Fällen, in denen ein überwiegendes, öffentliches Interesse besteht. Und dies, so schreibt das Gesundheitsdepartement, sei hier nicht der Fall.
«Diese Begründung musste ich schon zweimal lesen», sagt Wilhelm, «dass die Basler Fasnacht nicht von öffentlichem Interesse sei, begreife ich nicht». Mit dieser Meinung ist Wilhelm nicht allein. Auf den sozialen Medien hagelt es verständnislose und wütende Kommentare. Immer wieder wird Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger direkt angegriffen.
Die Enttäuschung und Frustration ist auch auf Seite der Schnitzelbänke riesig. So sagt Edi Etter, Obmann vom Schnitzelbank-Comité: «Wir haben uns immer damit getröstet, dass wenigstens noch jemand eine Aufnahme macht, wenn auch sonst nichts stattfinden kann und jetzt ist nicht einmal das möglich».
Engelberger wehrt sich gegen die Kritik
Verständnislos reagieren auch viele Politikerinnen und Politiker. «Die Fasnacht ist ein wichtiger Feiertag im Jahreskalender der Basler Bevölkerung», sagt etwa SP-Grossrätin und bis vor Kurzem Grossrats-Präsidentin Salome Hofer, die selber aktive Fasnächtlerin ist. Ein öffentliches Interesse an der Fasnacht sei also durchaus gegeben.
Ein öffentliches Interesse sei zwar da, gibt der mit der Kritik konfrontierte Lukas Engelberger zu, jedoch sei es nicht überwiegend. Zudem wären auch die Schnitzelbank-Aufnahmen kein vollwertiger Ersatz für die Fasnacht gewesen. Das Fasnachts-Comité habe denn auch alle geplanten Veranstaltungen abgesagt.
«Es wäre nicht fair gewesen, wenn wir für die Schnitzelbänke eine Ausnahme gemacht hätten», sagt Engelberger. Schliesslich habe man die Schutzmassnahmen auch nicht zum Spass erlassen, sondern zum Schutz der Bevölkerung und das müsse man ernst nehmen.
Der Gesundheitsdirektor beweise mangelnde Empathie für all die Menschen, denen die Schnitzelbänke zumindest ein kleiner Trost in dieser schweren Zeit gewesen wären, findet hingegen der Grossrat André Auderset von den Liberalen.
Noch hoffen viele Menschen in Basel, dass das Gesundheitsdepartement zurückrudert. Bereits haben über 2000 Leute eine entsprechende Online-Petition unterschrieben.