Die Verhandlungen zwischen dem Baumeisterverband und den Gewerkschaften Unia und Syna verlaufen harzig. In den ersten sechs Verhandlungsrunden zum neuen Landesmantelvertrag (LMV) war bislang niemand bereit, grössere Zugeständnisse zu machen. Beide Seiten leiden unter dem Fachkräftemangel, Lieferproblemen und der Teuerung. Der Vertrag regelt die Löhne und Arbeitsbedingungen für alle Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter in der Schweiz. Er wird jeweils für mehrere Jahre verhandelt, der aktuelle läuft diesen Dezember aus.
Unia und Syna sind in den letzten zwei Jahren jeweils gescheitert, Lohnerhöhungen für die Baubranche auszuhandeln. Da die Teuerung in diesem Jahr deutlich höher ausfällt, erhöht sich auch der Druck auf die Gewerkschaften, bei den Verhandlungen um den neuen LMV entsprechende Lohnerhöhungen für die nächsten Jahre zu erstreiten.
Lohnerhöhungen als Pfand
Dem Baumeisterverband ist dies bewusst, entsprechend nutzt er die in Aussicht gestellten Lohnerhöhungen als Pfand. Sie sollen nur gewährt werden, wenn sämtliche Forderungen des Verbands angenommen werden. Mit der umstrittenen Flexibilisierung der Arbeitszeiten würden laut Gewerkschaften die Arbeitsbedingungen massiv verschlechtert. Sie werfen dem Baumeisterverband vor, er wolle die Arbeitszeiten auf 58 Stunden pro Woche und zwölf Stunden pro Tag ausweiten.
Doch auch beim Baumeisterverband ist der Druck hin zu einer Einigung deutlich höher als in vergangenen Jahren. Der Fachkräftemangel macht der Branche immer stärker zu schaffen. Arbeitnehmende der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge werden pensioniert, und zu wenig Junge kommen nach. Laut den Gewerkschaften macht die Aussicht auf eine weitere Verschlechterung der Arbeitsbedingungen die Bauberufe nicht attraktiver. Auch die Gewerkschaften wissen die Schwächen der Gegenseite auszunutzen.
Streikwelle bei vertragslosem Zustand
Die Gewerkschaften haben in den letzten Jahrzehnten immer mehr an Einfluss verloren. Doch gerade in der Baubranche konnten sie ihre Stärke behalten. Sie vertreten nach wie vor 70 Prozent der rund 100'000 Arbeiter. Sollten die laufenden Verhandlungen platzen, wird am 1. Januar ein vertragsloser Zustand eintreten. Die für diesen Fall angekündigte Streikwelle ist keine leere Drohung, es gab sie bereits früher.
2007 führte der vertragslose Zustand zu wochenlangen Streiks. Der Druck der Gewerkschaften, sowie eine Mediation des Bundes führten schlussendlich zum Einlenken der Baumeister. Bei den späteren Landesmantelverträgen reichten Proteste und Streikandrohungen, um den Baumeisterverband zurück an den Verhandlungstisch zu bekommen.
Hohe Einsätze auf beiden Seiten
Auch bei den letzten Verhandlungen über den LMV im Jahr 2018 kam es zu Protesten. Damals gelang nach 20 Verhandlungsrunden Mitte Dezember die Einigung. Auch in diesem Jahr sind die Einsätze auf beiden Seiten hoch. So betonen auch beide Parteien – trotz zurzeit verhärteter Fronten – an einem vertragslosen Zustand nicht interessiert zu sein. Am Montag findet die vorerst letzte Verhandlungsrunde statt. Noch bleibt Zeit.