- Wie in anderen Kantonen sind auch in Basel zahlreiche ÖV-Haltestellen noch nicht rollstuhlgerecht umgebaut.
- Seit Anfang Januar bietet der Kanton Basel-Stadt nun einen Ersatz per Rollstuhltaxi an.
- Diese Ersatzlösung sei nicht ideal, aber die «beste Lösung in einer schlechten Situation», heisst es beim Basler Behindertenforum.
Das Gesetz ist eigentlich klar: Seit dem 1. Januar 2024 müssten in der Schweiz ÖV-Haltestellen so umgebaut sein, dass auch Menschen im Rollstuhl ohne Hilfe ein- und aussteigen können. Schon seit längerer Zeit zeichnete sich aber ab, dass viele Kantone diese Vorgabe nicht einhalten können, so auch Basel-Stadt.
Acht Prozent noch nicht umgesetzt
Konkret sind im Stadtkanton derzeit rund neun von zehn Tram- und Bushaltestellen bereits umgebaut. Dort haben mobilitätseingeschränkte Personen selbstständig oder mit der Hilfe einer Klapprampe des Fahrpersonals Zugang zum öffentlichen Verkehr.
Bei rund acht Prozent aller Haltestellen ist dies aktuell aber immer noch nicht möglich, weil sie noch nicht umgebaut und zu schmal oder zu tief für eine Klapprampe sind.
Diese Haltestellen werden in Basel ab sofort per Shuttle-Taxi bedient, wie das zuständige Basler Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) bekannt gab. Dieser Dienst befördert die Fahrgäste im Rollstuhl von einer nicht zugänglichen Haltestelle bis zur nächsten grösseren Haltestelle mit Umsteigemöglichkeiten und umgekehrt. Die Nutzung des Ersatztransports ist mit einem gültigen ÖV-Ticket kostenlos.
Es ist sicher nicht eine ideale Lösung, dessen sind wir uns sehr bewusst.
Was gut tönt, ist in der Praxis aber nicht ganz einfach: Um den Fahrdienst zu bestellen, müssen sich die Fahrgäste nämlich mindestens zwei Stunden im Voraus beim nationalen «Contact Center Handicap» melden.
«Es ist sicher nicht eine ideale Lösung, dessen sind wir uns sehr bewusst», sagt Adrienne Hungerbühler, Projektleiterin Mobilitätsplanung im BVD. Die beste Lösung sei sicher ein Umbau der Haltestellen, aber dies sei nicht überall sofort möglich. Als Beispiel nennt Hungerbühler die Situation am verkehrsreichen Aeschenplatz in Basel. «Hier muss man für den Umbau der Haltestellen den ganzen Platz umgestalten, und das ist erst um 2030 möglich.»
Das Problem ist seit Jahren absehbar gewesen und seit Jahren ein Ärgernis für Betroffene.
Georg Mattmüller, Geschäftsführer des Basler Behindertenforums, ist enttäuscht, dass die gesetzlichen Vorgaben noch immer nicht umgesetzt wurden, obwohl die Kantone 20 Jahre dafür Zeit hatten. «Das Problem ist seit Jahren absehbar gewesen und seit Jahren ein Ärgernis für betroffene Leute», sagt Mattmüller.
Die Ersatzlösung mit den Rollstuhltaxis sei aber «die beste Lösung in einer schlechten Situation». Auf die Schnelle habe man auch nicht mehr machen können, ergänzt Mattmüller.
Nachholbedarf in der ganzen Schweiz
Nachholbedarf beim behindertengerechten Umbau von ÖV-Haltestellen besteht indes auch in vielen anderen Kantonen und ÖV-Unternehmen: Laut dem neuesten Bericht des Bundesamtes für Verkehr (BAV) entsprachen per Ende 2022 nur rund die Hälfte der total 1800 Bahnhöfe und Bahnhaltestellen in der Schweiz den Vorgaben.
Bei 499 Bahnhöfen oder Eisenbahnhaltestellen können die Anpassungen trotz mehrfacher Intervention der Aufsicht erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist umgesetzt werden.