Der 48-jährige Postautofahrer Giuseppe Basilico kriegt manchmal kaum die Türen auf, so sehr drängen die Touristinnen und Touristen in seinen Bus. In solchen Momenten erinnern sie ihn an Geier, sagt er. Zu Corona-Spitzenzeiten fuhren die Busse jeweils zu viert oder fünft das enge Tal hoch. Jetzt fahren sie in Dreierbesetzung.
Obwohl Giuseppe Basilico mit den Händen Nein kommuniziert, steigen an der nächsten Haltestelle rund ein Dutzend Gäste in seinen Bus. «Jetzt sind ein paar Schlaumeier bei mir eingestiegen. Die meinten wohl, zuvorderst gäbe es noch Platz. Die müssen jetzt halt eine Stunde lang stehen. Jetzt mache ich niemandem mehr auf.»
90 Prozent der Touristen hätten eine gute Kinderstube, sagt er. Ihn treibe auf die Palme, wenn Bedürftige wie Schwangere und ältere Menschen keinen Platz angeboten bekommen.
Meine Kollegen mussten schon in die Wand fahren mit ihrem Bus, damit sie nicht den Camper touchieren.
Giuseppe kommuniziert über Funk mit den anderen beiden Fahrern in den Bussen hinter ihm. Beispielsweise sagt er, dass wieder der bekannte Lieferwagen unterwegs sei, der viel zu schnell fahre. Der Funk ist für die Fahrer zentral. Er dient als Frühwarnsystem.
Reger Wochenendverkehr auf Talstrasse
Seit der Coronapandemie kommen nicht nur mehr Touristinnen und Touristen ins Tessiner Tal. Auch die Zahl der Camper ist stark gestiegen. Im Verzascatal wurde für sie mit vielen Abstellplätzen eine beachtliche Infrastruktur geschaffen. Damit haben die politischen Verantwortlichen das Problem des Wildcampens in den Griff gekriegt.
Die vielen Camper, die am Wochenende neben den Töff- und Velofahrern auf der Talstrasse unterwegs sind, stellen jedoch eine grosse Herausforderung dar, wie Giuseppe Basilico erklärt. «Meine Kollegen mussten schon in die Wand fahren mit ihrem Bus, damit sie nicht den Camper touchieren.» Ihm sei das, Gott sei Dank, noch nie passiert, sagt er und fährt konzentriert weiter. Er kennt diese steile, kurvige Strasse wie seine Hosentasche.
Fahrgast Christoph meint, am besten komme man unter der Woche ins Verzascatal, antizyklisch. Er geht mit seiner Familie wandern und grillieren.
Kommunikation auf Englisch
Die meisten Touristen bringen ihr eigenes Picknick mit – zum Frust der Restaurant- und Grottobesitzerinnen. Auch können die allermeisten Touristinnen kein Italienisch, sagt der gebürtige Italiener Giuseppe Basilico.
Sie sprechen ihn auf Thurgauer oder Zürcher Dialekt an. Die Verständigung erfolgt dann auf Englisch oder mithilfe des Mobiltelefons. Anders als andere Chauffeure ärgert er sich nicht darüber. Im Gegenteil: So lerne er ein wenig Schweizerdeutsch.
Zweifelsohne: Giuseppe Basilico hat starke Nerven und er ist stolz auf seine Arbeit. Als sinnstiftend erlebt er sie aber insbesondere dann, wenn er mit den Talbewohnern kommunizieren kann. Denn gerade ältere Menschen plauderten gerne mit ihm, sagt er. Das helfe ihnen ein bisschen, das Gespenst der Einsamkeit zu vertreiben.