Alt Bundesrat Alain Berset kandidiert für das Amt des Generalsekretärs des Europarats. Das gab das Aussendepartement EDA am Mittwochabend bekannt. Was dieses Amt bedeutet, sagt Helen Keller, Professorin für Völkerrecht der Uni Zürich.
SRF News: Was könnte Alain Berset als Generalsekretär des Europarats bewirken?
Helen Keller: Der Generalsekretär gibt dem Europarat ein Gesicht und seine Kompetenzen sind eher strategischer Natur. Das heisst, er ist für die Arbeitsprogramme zuständig, für das Budget und für die Ernennung der Funktionäre im Europarat.
Alain Berset wäre sicher eine starke Kandidatur für eine wichtige Position im Europarat.
Vor allem das Budget ist wichtig. Eine internationale Organisation kann man mit zwei Massnahmen schwächen: Wenn man ihr den Geldhahn zudreht und wenn man eine schwache Person in die Leitung beruft. Alain Berset wäre sicher eine starke Kandidatur für eine wichtige Position im Europarat.
Wie bedeutend ist die Rolle des Generalsekretärs des Europarats?
Der Generalsekretär wird auf fünf Jahre gewählt. Wenn eine Person wie zum Beispiel Jagland das zehn Jahre macht, dann prägt man eine Organisation. Der Europarat steht vor grossen Herausforderungen. Es ist – Schweizerdeutsch ausgedrückt – kein «Schoggijob». Der Europarat wurde vor ein paar Jahren von grossen Korruptionsskandalen erschüttert. Wir haben jetzt Krieg in Europa. Der Europarat hat Russland rausgeschmissen. Das sind alles grosse Herausforderungen, mit denen auch der Generalsekretär zu kämpfen hat.
Berset ist bewandert auf dem internationalen Parkett, nur schon, weil er sehr sprachgewandt ist.
Passt Alain Berset ins Profil für diesen Posten?
Bisher haben sehr häufig ehemalige Aussenminister diesen Posten innegehabt. Alain Berset war nicht Aussenminister, sondern Innenminister. Aber im schweizerischen System, bei dem das Präsidium im Bundesrat sich abwechselt, übernimmt der Bundespräsident auch häufig Funktionen eines Aussenministers. Berset ist da sehr gut geeignet. Er ist auch bewandert auf dem internationalen Parkett, nur schon, weil er sehr sprachgewandt ist. Und von seiner Persönlichkeit her würde er dem Europarat ein wichtiges Gesicht geben.
Wird es noch andere Kandidaturen für den Posten des Generalsekretärs geben?
Ja, man muss sicher damit rechnen. In einer funktionierenden Organisation ist es auch gut, wenn es verschiedene Kandidatinnen und Kandidaten gibt. Man munkelt, dass eine Kandidatur aus Belgien kommt, Didier Reynard. Man sagt auch, dass eine Kandidatur vielleicht aus Polen, der Slowakei, der Tschechischen Republik kommen wird. Und die Wahl wird so ablaufen, dass das Ministerkomitee, das ist das politische Organ, einen Vorschlag macht. Das ist natürlich politisch. Die Wahl erfolgt über die parlamentarische Versammlung.
Wie stehen die Chancen, dass Alain Berset tatsächlich gewählt wird?
Die Schweiz hatte diesen Sitz noch nie. Von daher sind seine Chancen durchaus intakt. Aber es ist ein politischer Schacher. Es kommt darauf an, wer noch für andere hohe Ämter im Europarat zur Verfügung steht. Auch die Frage steht im Raum, wie gut sich Berset, respektive die Schweiz vernetzen kann. Das ist eine politische Kampagne. Eine Wahl ist nicht mehr so sehr von ihm selbst abhängig, sondern es wird Ränkespiele hinter den Kulissen geben.
Das Gespräch führte Dominik Rolli.