- Der Bundesrat soll die laufenden Sondierungsgespräche mit der EU «rasch abschliessen» und in der ersten Hälfte 2023 mit den Verhandlungen beginnen.
- Das verlangt eine Mehrheit der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrates (APK-N).
- Nur so sei es realistisch, die Verhandlungen noch in der laufenden Amtszeit der EU-Kommission abzuschliessen.
Das steht in der Konsultationsantwort der APK-N auf den im Dezember als Entwurf vorgelegten Europabericht des Bundesrates. Die EU-Kommission ist bis Herbst 2024 im Amt.
Die APK-N verabschiedete ihre Position mit 18 zu 7 Stimmen und ohne Enthaltung. Demnach sollen die laufenden Sondierungsgespräche rasch abgeschlossen werden. Schon in der ersten Hälfte von 2023 sollen die Verhandlungen zum vom Bundesrat skizzierten Vertragspaket und den institutionellen Fragen beginnen.
Bundesrat den Rücken stärken
Es sei eine Premiere, dass sich die Vertreterinnen und Vertreter fünf der sechs Fraktionen hinter die Position stellten, sagte Hans-Peter Portmann (FDP/ZH) in Bern vor den Medien. Nur die SVP-Delegation schloss sich nicht an.
Die Mehrheit unterstütze den vertikalen Paketansatz des Bundesrates, sagte Portmann. Mittragen will die Mehrheit auch, dass der Bundesrat auf institutionelle Anliegen der EU eingehen und vitale Interessen der Schweiz thematisieren will.
Bei Unionsbürgerrichtlinie, Lohnschutz und staatlichen Beihilfen könnten mit Spezifikationen die Interessen der Schweiz gewahrt werden, sagte Portmann dazu.
Die Mehrheit wolle dem Bundesrat beim Verhandeln mit Brüssel den Rücken stärken. Gleichzeitig wolle sie die Sozialpartner auffordern, die anstehenden Verhandlungen konstruktiv zu unterstützen. Thesen von einer Einverleibung der Schweiz in die EU nannte Portmann «unwahr».
«Dokumente der Unterwerfung»
An genau diesem Punkt bezüglich Thesen einer Einverleibung der Schweiz in die EU hakt aber die Minderheit – die SVP – ein. Die von der Mehrheit verabschiedete Antwort sei ein Dokument der Kapitulation und der Unterwerfung», sagte Roger Köppel (ZH). Der Souverän in der Schweiz dürfe nicht entmachtet werden. «Auch nicht scheibchenweise.»
In der Position der Mehrheit werde die institutionelle Anbindung der Schweiz mit fremden Gesetzgebern und Gerichtsinstanzen ausgeblendet, machte Köppel geltend. Die Schweiz müsse sich von der EU nicht unter Druck setzen lassen.
Köppel erinnerte an die vom österreichischen Präsidenten Alexander Van der Bellen zugesicherte Unterstützung. Vergangene Woche hatte er beim Besuch von Bundespräsident Alain Berset in Wien der Schweiz Unterstützung bei der Teilnahme am Forschungsprogramm Horizon Europe zugesichert und die EU-Politik gegenüber der Schweiz kritisiert.
Eine kleinere Mehrheit der Kommission ist der Auffassung, dass im Bericht des Bundesrates Antworten zur künftigen Rolle der Schweiz in der EU und auf dem europäischen Kontinent grösstenteils fehle. Sie beschloss mit 13 zu 9 Stimmen und mit 3 Enthaltungen, den Bundesrat mit einer entsprechenden Ergänzung zu beauftragen.
Der Einfluss der Schweiz schwinde, weil sie immer mehr EU-Recht übernehmen müsse, ohne mitzubestimmen, schrieb die Kommission. Die guten Dienste seien «nicht mehr gefragt», und «mit der Neutralität schaffen wir immer mehr Unverständnis». Auch der Einfluss der Schweiz in internationalen Organisationen nehme ab.