Aussenminister und Bundespräsident Ignazio Cassis hat seinen Bundesratskollegen eine vierseitige Information zum Stand der Gespräche zwischen der Schweiz und der EU verteilt. Das Dokument ist in französischer Sprache verfasst und datiert vom 14. November. Radio SRF hat das vertrauliche Dokument gelesen.
Konzessionen beim Lohnschutz
Cassis schreibt, dass sich die EU bei der letzten Gesprächsrunde erstmals zu den Schweizer Vorschlägen zur Personenfreizügigkeit geäussert habe. Und dabei soll sich die EU offen zeigen für gewisse Forderungen der Schweiz.
Staatssekretärin Livia Leu ihrerseits sprach in den letzten Tagen verschiedentlich von «positiven Entwicklungen». Cassis' schriftliche Ausführungen bestätigen das, wobei er stärker ins Detail geht.
So schreibt Cassis, dass die EU bei der Niederlassung von EU-Ausländern in der Schweiz oder auch dem Lohnschutz zu gewissen Konzessionen bereit sei. Er erwähnt zum Beispiel die Lohnkontrollen.
Und sollte es dabei zu einem Streitfall kommen, würde auch der in der Schweiz umstrittene Europäische Gerichtshof keine Rolle spielen. Die EU akzeptiere das, schreibt der Aussenminister.
EU beharrt auf Europäischem Gerichtshof
Allerdings fasst Cassis auch die Punkte zusammen, bei denen die Differenzen zwischen der Schweiz und der EU noch immer gross sind. Hier sticht die Streitschlichtung ins Auge, welche grundsätzlich gelten soll.
Die EU insistiere noch immer auf dem Modell, wie es im gescheiterten Rahmenabkommen enthalten sei. Dabei spielt der Europäische Gerichtshof dann eben wieder eine wichtige Rolle.
Interessant ist, dass Cassis auch die Modelle erwähnt, die die Schweiz gerne diskutieren möchte. Zum Beispiel ein Modell mit dem Bundesgericht im Zentrum und einer Nebenrolle für den EuGH, oder auch ein Andocken an den Gerichtshof der Efta, der Europäischen Freihandelsassoziation.
Das sind uralte Ideen, die vor Jahren bereits diskutiert worden sind. Doch nun möchte der Bundesrat diese wieder aufs Tapet bringen.
Treffen mit den Sozialpartnern
Das alles ist interessant. In manchen Bereichen sieht Bundesrat Cassis Bewegung, in anderen scheinen die Differenzen noch immer sehr gross zu sein. Morgen Donnerstag trifft er sich mit den Sozialpartnern. Bei diesen ist die Ungeduld gross, sie wünschen sich endlich fundierte inhaltliche Diskussionen, die es bis anhin noch nicht wirklich gegeben habe.
Gut möglich, dass Cassis nun dazu bereit ist. Auffällig ist, dass zu dem Treffen nur die Präsidenten der Sozialpartner eingeladen sind – diese sind zu Vertraulichkeit angehalten. Die Angst ist gross, dass nach der Sitzung vertrauliche Informationen nach aussen dringen.
Nächste Woche dann will sich der Bundesrat vertieft mit dem Dossier beschäftigen. Es tut sich also etwas im Europa-Dossier.