Der Gewerkschaftsbund SGB hat an einer Jahresmedienkonferenz dargelegt, wie es im Jahr eins nach der stark gestiegenen Teuerung weitergehen soll. Die Gewerkschaften machten deutlich, dass im Europadossier, beim Lohnschutz etwa, von den Gewerkschaften aktuell wenig Entgegenkommen zu erwarten ist.
Maillard fordert: konkret werden
Mehr Lohngleichheit, keine Löhne unter 4500 Franken, der geplante Frauenstreik und mehr Unterstützung einkommensschwacher Haushalte bei der Krankenkasse: Die Forderungen und Ziele der Gewerkschaften zum Start ins Wahljahr sind umfangreich und wenig überraschend: «Ich denke, das beschäftigt die Bevölkerung 2023», sagt der Präsident des Gewerkschaftsbundes, SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard. «Für die Wahlen kann ich nur empfehlen, dass wir endlich auf die konkreten Probleme der Bevölkerung fokussieren.»
Nicht zu diesen konkreten Problemen gehört – nimmt man die gewerkschaftlichen Schwerpunkte als Massstab –die Europapolitik. Wie das künftige Verhältnis der Schweiz zur EU aussehen könnte, in welchen Bereichen in Zukunft eine Zusammenarbeit mit der EU denkbar ist und vor allem, wie Fragen rund um den Lohnschutz und die Streitbeilegung geklärt werden können. Das wird derzeit zwischen Bern und Brüssel sondiert.
Es ist der nächste Anlauf, nachdem die Verhandlungen um das Rahmenabkommen vom Bundesrat abgebrochen wurden, auch aufgrund des Widerstands aus den Gewerkschaften. In diesen neuen Anlauf sind die Gewerkschaften stark einbezogen, denn der Bundesrat hat zu vertraulichen Gesprächen geladen. Doch: «Wir können unsere Position erklären und erfahren, was sich in den Gesprächen zwischen der EU-Kommission und dem Bundesrat zu bewegen scheint, das ist immer nützlich, aber viel mehr können wir nicht machen», sagt Maillard.
Inhaltlich Stellung nehmen wolle er zu den Gesprächen nicht, man respektiere die Vertraulichkeit. So bleibt weiter unklar, zu welchen Konzessionen die Gewerkschaften allenfalls bereit wären.
Keine Lockerung beim Lohnschutz
Maillard betont vielmehr erneut, dass der Gewerkschaftsbund beim Lohnschutz kaum eine Lockerung des Schutzniveaus hinnehmen wird. Auch beim neuen Anlauf nicht. «Die anderen können eine andere Position vertreten, aber unsere Position bleibt sich gleich.»
Die Gewerkschaften würden zwar bedauern, wenn die Schweiz keine Lösung mit der EU fände. Die Ausgangslage für die Gewerkschaften aber habe sich kaum verändert. Das dürfte in der SP, der Verbündeten der Gewerkschaften, jene Kräfte ärgern, die sich für eine stabile Beziehung zur EU einsetzen. Und es eröffnet Parteien, die den Gewerkschaften weniger nahe stehen als die SP, Gelegenheiten, sich über die Europapolitik zu profilieren. Das künftige Verhältnis zur EU bleibt für die Linke im Wahljahr eine Herausforderung.