In der Budgetdebatte im Nationalrat sind am Donnerstag ganz unterschiedliche Prioritäten sichtbar geworden. Während die Ratslinke die steigenden Ausgaben für die Armee kritisierte, warnten die Bürgerlichen vor einer Aufweichung der Schuldenbremse. Doch was sagt Finanzministerin Karin Keller-Sutter zu den Diskussionen? Urs Leuthard hat die Bundesrätin in Bern getroffen.
SRF News: Frau Bundesrätin, sind Sie privat eher sparsam oder grosszügig?
Karin Keller-Sutter: Privat bin ich eher grosszügig. Natürlich nicht verschwenderisch, das würde nicht dazu passen, wie ich erzogen worden bin. Aber man muss sich auch etwas gönnen.
Da machen Sie monatelang ein Budget – und dann kommt das Parlament und findet: Jetzt geben wir der Landwirtschaft wieder mehr, der Regionalpolitik auch. Ist das nicht frustrierend?
Die Budgethoheit ist beim Parlament. Der Bundesrat hat ein Budget vorgelegt, das die Schuldenbremse einhält. Das Parlament kann die Gewichte anders setzen, aber es soll am Schluss die Schuldenbremse einhalten. Das ist das oberste Ziel.
Das Problem wäre weniger dramatisch, wenn nicht die Armeeausgaben massiv erhöht würden.
Es gibt drei Kostentreiber. Einerseits die Rüstungsausgaben, die jetzt wegen des Ukraine-Kriegs ansteigen. Das Parlament hat dies bestellt, der Bundesrat war auch der Meinung, dass die Verteidigungsfähigkeit der Armee verbessert werden muss. Ein anderer Kostentreiber ist die AHV – überhaupt die ganze soziale Wohlfahrt, aus demografischen Gründen. Der dritte Grund sind die Beiträge an die Ukraine-Flüchtlinge, die Sozialhilfepauschalen, die der Bund den Kantonen bezahlt.
Wir sparen nicht, wir wachsen einfach weniger schnell.
Das Parlament ist am Knorzen, um die Schuldenbremse einzuhalten. Andere Länder würden jetzt einfach Schulden machen. Sie würden sagen: In schwierigen Zeiten müssen wir mehr investieren.
Ich finde das keine gute Idee. Die Schuldenbremse hat man vor 20 Jahren eingeführt, um die Schuldenwirtschaft zu beenden. Wir konnten die Verschuldung der Schweiz auch deutlich abbauen. Das hat dazu geführt, dass wir in der Lage waren, in der Corona-Krise zu handeln und zu helfen – vielen Gewerbetreibenden, Restaurants, Kulturschaffenden. Man konnte auch die Ukraine unterstützen, das hat uns Handlungsfreiheit gegeben.
In den nächsten Jahren rechnen wir auch mit zwei bis drei Milliarden Defizit pro Jahr.
Dafür sparen wir jetzt bei den Sozialleistungen, bei der Entwicklungshilfe. Alles Dinge, die doch auch wichtig sind.
Wir sparen nicht, wir wachsen einfach weniger schnell. Im Budget 2024 wachsen die Einnahmen, aber die Ausgaben wachsen stärker. Das heisst: Wir haben ein klares Ausgabenproblem. Und das muss man wieder ins Lot bringen. In einem privaten Haushalt können Sie auch nicht sagen: Ich ziehe in eine teurere Wohnung, mache gleichzeitig teure Ferien und zahle eine Ausbildung für die Kinder im Ausland. Da muss man Prioritäten setzen und das ist auch das Wesen der Schuldenbremse: Sie zwingt Bundesrat und Parlament, Prioritäten zu setzen.
Man hat jetzt schon grösste Mühe mit diesem Budget, aber die nächsten Jahre wird es viel schlimmer. Was kommt da auf uns zu?
Das ist so. Das war jetzt ein Vorgeplänkel. Der Bundesrat musste für dieses Budget Bereinigungsmassnahmen von zwei Milliarden Franken vorschlagen – und man sieht die heftigen Diskussionen. In den nächsten Jahren rechnen wir auch mit zwei bis drei Milliarden Defizit pro Jahr. Das wird eine ziemliche Anstrengung brauchen. Man muss sich zusammenraufen, damit wir das hinbringen.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.