In der Schweiz werden Windkraftprojekte immer wieder durch Einsprachen von Privatpersonen oder Organisationen blockiert oder zumindest verzögert. Jüngstes Beispiel: Das Bundesgericht hat im Fall des Windparks Bel Coster in der Nähe von Vallorbe VD entschieden, dass im Rahmen der Nutzungsplanung noch zusätzliche Abklärungen zur Umweltverträglichkeit getroffen werden müssen.
Um die lokale Bevölkerung besser einzubinden und Kritiker und Kritikerinnen ins Boot zu holen, wurde in Deutschland das Konzept der Bürgerwindparks entwickelt. Die Idee dahinter: Gemeinden, Gewerbetreibende, Anwohnerinnen und Grundbesitzer gründen vor Ort eine Gesellschaft, die eine oder mehrere Windkraftanlagen plant und betreibt. Sie entscheiden – natürlich im Rahmen der planungsrechtlichen Vorgaben – über Standorte, Anlagetypen und über die Betriebsdauer. Und sie profitieren selber von günstigerem Strom, von Aufträgen fürs lokale Gewerbe und oftmals auch von einer Dividende aus den Erträgen des Windparks.
Vorbild: Deutschland
Zwar werden die grossen Windparks im Meer zumeist von den grossen Stromkonzernen betrieben, doch ein grosser Teil der an Land neu entstehenden Windparks in Deutschland basiert auf dem Konzept des Bürgerwindparks. Insbesondere im nördlichen Bundesland Schleswig-Holstein, wo der Anteil an Windkraft am höchsten ist, werden heute fast nur noch Bürgerwindparks gebaut.
«Die Bürgerenergie orientiert sich an Gemeinwohlzielen: Hinter ihr steht die Idee des selbstbestimmten, partizipativen und nachhaltigen Wirtschaftens», so formuliert es die deutsche Fachagentur für Windenergie an Land. Bürgerenergie «spielt eine entscheidende Rolle für die Umsetzung einer sozial verantwortlichen Energiewende und ist damit gesellschaftspolitisch von höchster Relevanz.»
Auch in der Schweiz gibt es entsprechende Projekte. Förderer Georg Persigehl etwa, der gemeinsam mit anderen Partnern in Deutschland bereits 500 Windkraftanlagen erstellt hat, plant mit seiner Windenergie Schweiz AG zum Beispiel in Escholzmatt LU einen Windpark mit drei Windrädern auf dem Hügelzug Höch-Turner-Bock auf 1200 Metern über Meer. «Mit all den Anwohnern haben wir am Küchentisch gesessen», sagt Persigehl auf dem Turner, mit Blick auf die umliegenden Bauernhöfe. Alle würden einbezogen, Bedenken würden ernst genommen und wenn möglich in der Planung berücksichtigt.
Die zuständige Gemeinderätin von Escholzmatt-Marbach, Jeannette Riedweg, ist vom Konzept überzeugt: «Das ist ein Generationenprojekt. Man muss die Menschen einbeziehen und transparent informieren, nur so lässt sich ein solches Projekt umsetzen.» Unterdessen werde sie im Dorf eher gefragt, wann es denn endlich losgehe, als dass noch grundsätzliche Kritik an dem Projekt geäussert werde, betont die Mitte-Politikerin.