Nach der kleinen Kammer hat am Mittwoch auch der Nationalrat das neue Modell des Bundesrats zur Abschaffung der Heiratsstrafe mit 113 zu 80 Stimmen an den Bundesrat zurückgewiesen.
Die grosse Kammer folgte damit auch ihrer Wirtschaftskommission. Diese hatte bemängelt, dass der bundesrätliche Vorschlag den verschiedenen Lebens- und Familienformen nicht gerecht werde, indem neu Konkubinatspaare bestraft würden.
Maurer: «Wir könnten das Problem lösen»
«Wir sollten einmal das Problem lösen, dass es Leute gibt, die zu viel Steuern bezahlen, das könnten wir», appellierte Finanzminister Ueli Maurer und warb für seine Vorlage. Die weiteren gesellschaftspolitischen Fragen könnten dann in einem nächsten Schritt gelöst werden.
Die gesellschaftspolitischen Realitäten würden eben unterschiedlich beurteilt, ergänzte Maurer. So hänge die Hälfte im Rat am traditionellen Familienbild fest, während es andere anders beurteilten. Auch er gehöre zu alten Generation, sei seit 43 Jahren verheiratet und zahle seither zu viel Steuern.
Ich gehöre auch zur alten Generation. Ich bin seit 43 Jahren verheiratet und zahle seit 43 Jahren zu viel Steuern.
Die Reform gemäss den Plänen des Bundesrates hätte bei der direkten Bundessteuer zu Mindereinnahmen von rund 1,5 Milliarden Franken geführt. Davon entfielen rund 1,2 Milliarden auf den Bund und 300 Millionen Franken auf die Kantone.
Volkswirtschaftlicher Einwand
Auch aus volkswirtschaftlicher Sicht genüge das Modell nicht, kritisierte Kathrin Bertschy (GLP/BE) namens der Mehrheit. Denn der Bundesrat schaffe damit zwar die Heiratsstrafe an sich ab. Aber ein zweites Problem, nämlich dass sich zweite Einkommen wegen der Steuerprogression häufig nicht lohnten, bleibe bestehen.
Eine Minderheit aus SVP und CVP lehnte die Rückweisung ab. Der Auftrag des Bundesrats, die Heiratsstrafe abzuschaffen, liege seit 1984 vor. Dem Ständerat und der Mehrheit der WAK warf die Minderheit Arbeitsverweigerung vor.
Die Heiratsstrafe beschäftigt die Politik seit Jahren. 2016 hat das Stimmvolk eine Volksinitiative der CVP zur Abschaffung der Heiratsstrafe äusserst knapp abgelehnt. Weil der Bund falsche Zahlen vorgelegt hatte, entschied das Bundesgericht später, dass die Abstimmung aufzuheben sei.
CVP-Initiative im Raum
Wird die Initiative nicht zurückgezogen, muss der Urnengang wiederholt werden. Ob die CVP dies tut, hängt davon ab, ob sich das Parlament auf gesetzliche Regeln einigen kann. Ein Rückzug der Initiative wäre möglich, bis der Bundesrat den Abstimmungstermin festlegt. Dies muss vor dem 27. Mai 2020 geschehen.