Vor Bundesratswahlen neigen die Parteien dazu, möglichst viele Ansprüche an den neuen Bundesrat zu formulieren. Die SVP müsse eine Auswahl bieten, an die Romandie denken, dürfe nicht nur stramme SVP-Kandidaten nominieren, heisst es auch diesmal. All diese Wünsche hat die SVP auf ihrem Kandidatenticket aufgenommen.
Entsprechend kommt SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz zum Schluss: «Wir bieten eine echte Auswahl.» Der Dreiervorschlag sei «eine Geste ans Parlament». Doch Politiker anderer Parteien sehen in einem solchen Dreierticket nicht eine Geste, sondern vielmehr einen Wink mit dem Zaunpfahl.
Wahlmöglichkeit eingeschränkt
«Aus meiner Sicht ist dies ein problematischer Ansatz», sagt etwa SP-Nationalrat Eric Nussbauer. Denn als Nachfolger für Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf steht ein Deutschschweizer Kandidat im Vordergrund, doch auf einem SVP-Dreierticket hat es nur für einen Deutschschweizer Platz. Aus dem Dreierticket wird so quasi ein Einerticket.
Das räumt auch SVP-Nationalrat Luzi Stamm ein. Die SVP schränke die Wahlmöglichkeit ein, denn «jetzt müssen sie fast den Deutschschweizer wählen». Dies, weil die Westschweiz mit zwei Bundesräten bereits adäquat vertreten ist.
Tessiner Gobbi ohne Chancen
Zwar wartet der Kanton Tessin seit 16 Jahren auf einen weiteren Bundesrat. Doch es ist für das Parlament keine ernsthafte Option, Lega-Regierungsrat Norman Gobbi für die SVP in den Bundesrat zu wählen. «Es ist ein taktischer Versuch, eine Erpressung durchzubringen, ohne dass man sie dann so benennen kann», sagt Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli.
Wer am Schluss für die Deutschschweiz auf dem Ticket steht, ist offen. Im Rennen sind heute noch die beiden Nationalräte Heinz Brand aus Graubünden und Thomas Aeschi aus Zug sowie der Nidwaldner Regierungsrat Res Schmid. Nicht in Frage kommt der Berner Albert Rösti, seine Kantonalpartei hat seine Kandidatur zurückgezogen.
Moderate SVPler bereits ausgesondert
Andere Kandidaten hat der SVP-Fraktionsvorstand am Montag bereits ausgesondert. Darunter sind die beiden moderaten SVP-Vertreter Thomas Hurter und Hannes Germann.
Während die Grünen heute schon klar machen, dass sie sowieso keinen SVP-Vertreter wählen werden, könnte sich die SP zumindest für einen der moderaten SVP-Bundesratskandidaten erwärmen. Denn mit ihnen könne man zumindest über die Einhaltung der Grundrechte diskutieren, sagt SP-Mann Nussbaumer. Doch die SVP-Fraktionsspitze arbeite offenbar daraufhin, «keine eigenständigen SVP-Persönlichkeiten» mehr in der Endauswahl zu haben.
Folgt die SVP-Fraktion ihrem Vorstand und entscheidet sich für ein Dreierticket, müssen die andern Parteien als Deutschschweizer Kandidaten schlucken, wen auch immer ihnen die SVP vorgibt. Würde das Parlament einen anderen als einen offiziellen SVP-Kandidaten wählen, würde dieser bei Annahme der Wahl sofort aus der Partei ausgeschlossen.
Noch ist alles offen
Daran stört sich die Fraktionschefin der Grünliberalen, Tiana Moser. «Wir lassen uns als Fraktion nicht erpressen», sagt sie. Man werde die SVP-Ausschlussklausel ignorieren, abwarten, wen die SVP portiere und dann eine Auswahl treffen. Deshalb könne man derzeit nicht von einer Erpressung sprechen. Ähnlich sieht das auch CVP-Nationalrat Gerhard Pfister: Die Bundesversammlung erhalte dieselbe Auswahl, die sie eigentlich immer gehabt habe.
Am Freitag zeigt sich, ob die SVP-Fraktion dem Vorschlag ihres Vorstands folgt. Sie könnte das Ticket noch ändern, denn die drei von den Kantonalparteien nominierten Deutschschweizer, die es am Montag nicht auf die Hitliste der möglichen SVP-Bundesräte geschafft haben, ziehen sich nicht zurück. Denn, wie es Berufspilot Hurter sagt: «Ein Pilot steigt nicht aus dem Flugzeug aus, solange es nicht am Boden ist.»