Mit der Nomination des 39-jährigen Nationalrats Jon Pult hat sich die SP für den mit Abstand jüngsten männlichen Partei-Kandidaten für die Nachfolge von Bundesrat Berset entschieden. Zwar verfügt er über keine Exekutiverfahrung, der grossen Aufgabe fühlt er sich aber trotzdem gewachsen. Mit welchen Fähigkeiten er punkten kann, sagt der Bundesratskandidat im Interview.
SRF: Warum wollen Sie Bundesrat werden?
Jon Pult: Ich will Bundesrat werden, weil ich mich noch stärker einsetzen will für den Zusammenhalt in unserem Land. Es ist die Vielfalt, welche die Schweiz ausmacht, und einen Teil dieser Vielfalt trage ich in mir. Darum glaube ich, dass ich die Voraussetzungen habe, die Schweiz gut zu verstehen und der Schweiz etwas Gutes zu tun. Das ist meine Motivation.
Innerhalb der SP stehe ich im Zentrum, und daher weiss ich nicht, warum ich zu links sein sollte für den Bundesrat.
Sie haben zwei Handicaps: Sie haben keine Regierungserfahrung und für viele Bürgerliche sind Sie zu links. Welches Handicap erachten Sie als schwerwiegender?
Ich finde beide nicht schwerwiegend, weil ich ohne schlechtes Gefühl auf beide sehr ehrlich reagieren kann. Dass ich zu links bin, würde ich bestreiten. Ich bin einfach ein klassischer Sozialdemokrat. Es gibt eine Auswertung von Smartvote, diese verortet mich genau in der Mitte der SP-Fraktion. Innerhalb der SP stehe ich also im Zentrum, und daher weiss ich nicht, warum ich zu links sein sollte für den Bundesrat. Es wird schliesslich ein SP-Bundesrat gesucht.
Ihr früheres Engagement bei den Jungsozialisten (Juso) könnte für Bürgerliche ein Grund sein, Sie nicht zu wählen.
Ich war vor 18 Jahren bei der Juso und bin stolz darauf, es ist ein Teil meiner Biografie. Aber nur, weil ich sozusagen in der Juniorenmannschaft gespielt habe, sollte man mir einen Wechsel ins A-Team nicht verwehren. Wer meine damalige Arbeit ein bisschen verfolgt hat, weiss, dass ich schon damals innerhalb der Juso ein Pragmatiker war, also nicht bei allen beliebt war. Meine ganze politische Arbeit danach war immer stark geprägt von einer überparteilichen Zusammenarbeit. Schliesslich ist der Kanton Graubünden ein bürgerlicher Kanton.
Ich habe einen Plan, ich habe eine Idee, ich habe die Fähigkeiten, das Stehvermögen und die Resilienz, die es braucht, um Verantwortung zu übernehmen und die Führungsfunktion auszufüllen.
Sie waren nie in einer Exekutive und haben wenig Führungserfahrung in der Wirtschaft. Warum halten Sie sich trotzdem für qualifiziert?
Ich finde diese Frage legitim, ich habe sie mir selbst auch gestellt. Ich habe viele Gespräche geführt, um herauszufinden, was für Eigenschaften und Kompetenzen nötig sind, um das Amt ausfüllen zu können. Ein befreundeter CEO von einem grossen Unternehmen hat mir gesagt, Erfahrung sei nicht alles, es gebe Leute, die jahrzehntelang führen, aber schlecht führen. Entscheidend seien Führungskompetenz und Führungsverständnis. Ich habe einen Plan, ich habe eine Idee, ich habe die Fähigkeiten, das Stehvermögen und die Resilienz, die es braucht, um Verantwortung zu übernehmen und die Führungsfunktion auszufüllen. Ich bin überzeugt, dass ich das kann.
Ich bin ein verlässlicher Partner und auch ein verlässlicher politischer Gegner.
Im Dezember starten die Hearings in den verschiedenen Fraktionen: Was tun Sie, um die grösste Fraktion, die der SVP, von sich zu überzeugen?
Ich will niemandem etwas vormachen. Ich bin ein Sozialdemokrat, ich werde in vielen Punkten nicht mit ihnen einverstanden sein und sie auch nicht mit mir. Ich bin ein verlässlicher Partner und auch ein verlässlicher politischer Gegner. Dort, wo gemeinsame Interessen bestehen, kann man gut mit mir zusammenarbeiten. Ich will die Institutionen schützen, mich an alle geschriebenen und ungeschriebenen Regeln halten, im Interesse unseres Landes und unserer Konkordanz.
Das Gespräch führte David Karasek.