Ab heute Dienstag stehen die offiziellen Kandidatinnen Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider von der SP sowie Albert Rösti und Hans-Ueli Vogt von der SVP den verschiedenen Fraktionen im Bundeshaus Red und Antwort. Politologin Sarah Bütikofer erklärt, worum es geht.
SRF News: Wie entscheidend sind die Hearings für den Erfolg der Kandidierenden?
Sarah Bütikofer: Sie sind nicht alles entscheidend. Aber man kann sowohl sehr viel gewinnen wie als auch einiges verlieren.
Was bringen die Hearings aus Sicht der Kandidatinnen und Kandidaten, die noch nicht so bekannt sind?
Die Hearings sind vor allem für diejenigen Personen wichtig, die nicht im ganzen Parlament gut vernetzt oder bekannt sind. Das sind vor allem diejenigen, die nicht oder nicht mehr Mitglied im eidgenössischen Parlament sind. Die Anhörungen sind auch für diejenigen wichtig, die noch nicht lange im Parlament sind. Möglicherweise kennen auch sie nicht alle Parlamentsmitglieder.
Man möchte auch sehen, wie die Kandidierenden reagieren, wenn sie etwas in die Enge getrieben werden oder unter Druck stehen.
Was bedeuten die Hearings für langjährige Parlamentarierinnen und Parlamentarier?
Personen, die im Parlament bereits bekannt sind und die man gut kennt, müssen sich in der Regel nicht noch einmal vorstellen. Dennoch kommen da auch persönliche Aspekte und Charakteristiken zum Tragen. Viele Parlamentsmitglieder blicken auf gemeinsame Erlebnisse mit den Kandidierenden zurück. Sie haben sie vielleicht schon in einer Ausnahmesituation erlebt. Gut möglich, dass so ein Erlebnis noch einmal angesprochen wird, weil man sehen möchte, wie die Kandidierenden reagieren, wenn sie etwas in die Enge getrieben werden oder unter Druck stehen.
Eva Herzog und Albert Rösti werden als Kronfavoritin und als Kronfavorit genannt. Was bringen die Anhörungen, wenn die Polepositions offenbar belegt sind?
Ich gehe nicht davon aus, dass diese Kronfavoriten in allen Fraktionen schon so klar feststehen. Die einzelnen Fraktionen haben sich noch nicht auf eine Wahlempfehlung geeinigt oder eine ausgesprochen. Es ist möglich, dass sich eine Fraktion nach dem Hearing aufgrund dessen, was sie erfahren hat, eine Wahlempfehlung für eine Person ausspricht, die nicht als Kronfavorit oder Kronfavoritin gehandelt wird.
Man darf durchaus erwarten, dass sie in einer Situation, in der sie stark beobachtet werden, imstande sind, ihr Bestes zu geben.
Die Hearings sind geheim. Es geht um Standpunkte zu politischen Themen oder auch um Fragen zum Privatleben. Ich stelle mir das wie ein strenges Bewerbungsgespräch vor. Wie müssen wir uns ein Hearing vorstellen?
Ein Hearing ist kein Sonntagsspaziergang für die Kandidierenden. Sie bewerben sich um das höchste politische Amt im Staat. Da kann man erwarten, dass sie in einer Situation, in der sie unter Druck stehen und stark beobachtet werden, durchaus imstande sind, ihr Bestes zu geben.
Warum finden diese Treffen im Geheimen statt? Für die Öffentlichkeit wäre es doch interessant zu hören, was da alles ans Licht kommt.
Ja, das wäre bestimmt interessant. Aber die Bundesratswahlen sind auch geheim. Jedes Parlamentsmitglied kann frei entscheiden, welchen Namen es dann auf den Zettel schreibt. Deswegen finden diese Hearings, die zur persönlichen Meinungsbildung der einzelnen Parlamentsmitglieder beitragen sollen, ebenfalls im geschützten Rahmen der einzelnen Fraktionen statt. Es gibt einige Prozesse im Parlament, die nicht öffentlich sind, und Hearings gehören neben Kommissionssitzungen beispielsweise dazu.
Das Gespräch führte Vera Deragisch.