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Casino-Anbieter in der Pflicht Immer mehr Spielsüchtige tummeln sich im Netz

  • In der Schweiz sind gut 15'000 Menschen spielsüchtig. Das heisst, sie gehen bis zu täglich ins Casino oder versuchen ihr Glück im Internet.
  • Zu diesem Schluss kommt eine neue Studie, welche von der Eidgenössischen Spielbankenkommission in Auftrag gegeben wurde.
  • Im internationalen Vergleich liegt die Schweiz damit im Durchschnitt.

Am Kopf des Black-Jack-Tisches steht der Spielleiter. Er verteilt die Karten; die Spieler spielen um 5, 10, 20 oder auch 50 Franken. Hans Perren steht am Rande des Spieltisches. Er arbeitet für das Grand Casino Bern: «Es gibt Leute, die ein-, zweimal pro Jahr kommen», sagt er. «Es gibt welche, die ein-, zweimal pro Woche kommen. Und es gibt Leute, die täglich kommen.»

Wenn diese Person sich das leisten kann, ist das für uns kein kritischer Fall.
Autor: Hans Perren Grand Casino Bern

Wer täglich ins Casino geht und sein Geld verspielt, muss süchtig sein – oder nicht? «Ja, im Innersten ist das der Trieb, der die Person ins Casino treibt», gibt Perren zu. «Wenn diese Person sich das aber leisten kann, ist das für uns kein kritischer Fall. Wenn wir sie darauf aufmerksam machen, aber sie sagt, sie könne es sich leisten, dann kann die Person sich diese Sucht leisten.»

Das Casino muss aber aktiv werden, wenn Hinweise bestehen, dass der Spieler über seinen Verhältnissen lebt und sich ruiniert. Dann kann das Casino den Lohnausweis des Spielers verlangen und ihn als Spieler sperren.

Verführerisches Smartphone

Severin Haug von der Universität Zürich hat im Auftrag der Eidgenössischen Spielbankenkommission untersucht, wie viele Menschen in der Schweiz im Jahr 2017 ein pathologisches Spielverhalten an den Tag legten. Er spricht von gegen 15'000 spielsüchtigen Menschen, «die mit ihrem Leben nicht mehr zurechtkommen oder andere Personen in ihrem Leben einschränken».

Wenn der spielende Mann das ganze Einkommen einer Familie verzockt, kann die Familie nicht mehr vernünftig leben.
Autor: Severin Haug Universität Zürich

Dies sei beispielsweise der Fall, wenn der spielende Mann das ganze Einkommen einer Familie verzocke. «Dann kann die Familie nicht mehr vernünftig leben.» Manche von ihnen besuchen das Berner Casino.

Die Untersuchung zeigt laut Haug aber auch, dass viele Süchtige auf ihrem Smartphone spielen: «Wie die aktuellen Daten zeigen, sind es Onlinespiele – Onlinecasinos, Onlinelotterien oder Sportwetten im Ausland –, die am häufigsten mit risikoreichem oder pathologischem Spielen verbunden sind.»

Kontrollpflicht bei den Anbietern

Per Gesetz wurden deshalb ausländische Onlinespiele-Anbieter verboten. Seit Anfang Jahr dürfen lediglich in der Schweiz domizilierte Spielbanken Online-Geldspiele anbieten. Diese sind nun in der Pflicht, die Spieler zu kontrollieren.

Der grosse Vorteil bei Onlinespielen ist, dass man auf den Franken genau erfassen kann, wie viel Geld sie setzen und wie viel sie verlieren.
Autor: Marc Friedrich Schweizer Casino-Verband

Das weiss auch Marc Friedrich vom Schweizer Casino-Verband. «Die Onlinecasinos bieten grundsätzlich ein grösseres Suchtrisiko, weil sie jederzeit zugänglich sind», sagt er. «Auf der anderen Seite müssen Leute, die Online spielen, sich auch mit einer Kopie eines amtlichen Ausweises identifizieren, und der grosse Vorteil dabei ist, dass man auf den Franken genau erfassen kann, wie viel Geld sie setzen und wie viel sie verlieren.»

Sperren können umgangen werden

Auch hier gilt: Wenn ein Spieler übermässig viel Geld verspielt, muss das Schweizer Online-Casino aktiv werden. Es kann den Spieler ebenfalls sperren.

Gesperrt ist jemand immer für alle Casinos – online oder reale – in der ganzen Schweiz. Aktuell sind mehr als 50'000 Spieler gesperrt. Ob diese Regeln aber wirklich dazu taugen, auch Spieler im Internet zu kontrollieren, muss sich noch weisen. Und ein Problem bleibt auch so: Spielsüchtige können mit zwei, drei Tricks ohne Probleme auch von der Schweiz aus bei einem Online-Casino im Ausland mitspielen. Das wird die Schweiz wohl nicht unterbinden können.

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