Der Schreck des Neins zum CO₂-Gesetz vor zwei Jahren steckt vielen Parlamentarierinnen und Parlamentariern tief in den Knochen. Für sie ist klar, die Fehler vom letzten Mal sollen nicht wiederholt werden. Ebenso klar ist: Es braucht ein Gesetz, das regelt, wie die Schweiz die Klimaziele von Paris erreicht, zu denen sie sich verpflichtet hat. Das bedeutet, die Schweiz darf bis 2030 nur noch halb so viele Treibhausgase ausstossen, wie sie das 1991 getan hat.
Diese Ziele waren im Ständerat völlig unbestritten, gestritten wurde darüber, ob die vorgesehenen Massnahmen dafür ausreichen. Bei der ersten Beratung des neuen CO₂-Gesetzes hat der Rat aber vor allem die Interessen verschiedener Gruppen berücksichtigt und hat das Gesetz, das per se schon kein grosser Wurf ist, weiter abgeschwächt.
Ständerat will milde EU-Linie
Der Ständerat sagte Nein zu ambitionierteren Zielen für die CO₂-Reduktion im Inland. Heute ist es so, dass die Schweiz 75 Prozent der Treibhausgase im Inland einsparen muss, die restlichen 25 Prozent können über Klimaschutzprojekte im Ausland kompensiert werden. Im neuen CO₂-Gesetz spricht der Bundesrat von etwa zwei Dritteln der Emissionen, die im Inland kompensiert werden müssen. Eine Minderheit des Rates wollte ambitioniertere Ziele als der Bundesrat und wollte bei den 75 Prozent bleiben, scheiterte aber.
Das ist nicht ungewöhnlich, dass Minderheiten scheitern, die weiter gehen wollen als der Bundesrat oder die Mehrheit der Kommission. Dass die Kommissionsmehrheit unterliegt, kommt weniger häufig vor. Das war der Fall bei den neuen CO₂-Vorschriften für Autos. Der Ständerat entschied, dass neue Autos ab 2030 nur noch 45 Prozent so viel Treibhausgase ausstossen dürfen wie 2021. Dies entspricht den Vorschriften, die die EU beschlossen hat. Die Mehrheit der Kommission hatte eigentlich eine Reduktion auf 25 Prozent gefordert.
Weniger Mittel für Gebäudeprogramm
Mit den ersten beiden Entscheiden zeigt der Ständerat zwar wenig Mut, liegt aber auf der Linie des Bundesrats. In einem dritten Punkt macht der Ständerat der Regierung aber einen Strich durch die Rechnung. Zwar will er weniger Mittel für das Gebäudeprogramm, das Klimaschutzmassnahmen, wie etwa den Ersatz von alten Heizungen, unterstützt. Dafür hat der Bundesrat 2.8 von insgesamt 4.1 Milliarden Franken Fördergelder vorgesehen. Diese Gelder stammen aus der CO₂-Abgabe, die auf Heizöl oder Gas erhoben wird. Aktuell wird ein Drittel dieser Abgabe in das Gebäudeprogramm investiert, zwei Drittel werden an die Bevölkerung und die Wirtschaft rückverteilt.
Der Bundesrat will im neuen CO₂-Gesetz diesen Anteil auf fast die Hälfte erhöhen. Hier ist er vom Ständerat vorerst ausgebremst worden. Eine Mehrheit des Rats war der Meinung, diese Veränderung verstosse gegen die Verfassung. Der Bundesrat war anderer Meinung, konnte die Kantonsvertreter aber nicht überzeugen. Das würde bedeuten, dass von den 2.8 Milliarden eine knappe Milliarde fehlen würde. Gut möglich, dass der Nationalrat anderer Meinung sein wird.
Risiko für wenig wirksame Massnahmen
Doch schon heute ist klar: Die Politik kann es sich nicht leisten, das CO₂-Gesetz ein zweites Mal scheitern zu lassen. Das Risiko besteht aber, dass zu sehr auf Sicherheit gespielt wird, sodass die Massnahmen am Schluss zu wenig wirksam sind. So würden nach 2030 schärfere Massnahmen nötig, die auch teurer werden könnten, um das Ziel Netto Null 2050 zu erreichen. Zu diesem Ziel hat die Stimmbevölkerung letzten Juni mit der Annahme des Klimaschutzgesetzes klar Ja gesagt.