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CO₂ langfristig einlagern Fortschritte bei den CO₂-Saugern – doch die Aufgabe ist immens

Kohlendioxid muss in riesigem Ausmass aus der Luft gefiltert und dauerhaft entsorgt werden. Das wird teuer – aber es führt kein Weg daran vorbei.

Spätestens in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts muss weltweit mehr CO₂ aus der Atmosphäre verschwinden, als reingepustet wird – das sagt der Weltklimarat . Schaffe die Menschheit das nicht, laufe die Erderwärmung vollends aus dem Ruder.

Bei der Entwicklung von technischen Anlagen, die das Kohlendioxid aus der Atmosphäre herausfiltern und zwischenlagern, bevor es tief in den Erdboden gepumpt wird, ist die Schweizer Firma Climeworks sehr aktiv.

In Schweizerhalle bei Basel hat sie kürzlich eine neue Testanlage aufgebaut. Es ist ein containergrosser Kubus mit Ventilatoren, die die Luft ansaugen. Im Innern wird das CO₂ aus der Luft gefiltert.

Filteranlagen werden immer effizienter

Das geschehe so effizient wie noch nie zuvor, sagt der Co-CEO von Climeworks Jan Wurzbacher: «Wir können mit der gleichen Anlagegrösse jetzt doppelt so viel CO₂ pro Jahr aus der Luft filtern – und das bei halbem Energieverbrauch.»

Damit würden im Vergleich zu den bereits bestehenden Anlagen in Island auch die Kosten halbiert. Allerdings kostet es auch mit der neusten Anlage von Climeworks immer noch 400 bis 600 Dollar, um eine Tonne CO₂ abzuscheiden. Dabei sind der Aufwand für die Anlagen und die Speicherung des CO₂ mit einberechnet.

Rausfiltern wird teuer – sehr teuer

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Zum Vergleich: Ein Flug von Zürich nach Los Angeles (9500 Kilometer) verursacht pro Passagier einen CO₂-Ausstoss von rund zwei Tonnen . Wer also heutzutage nach Los Angeles in die Ferien fliegt und zurück, verursacht vier Tonnen CO₂. Müssen diese vier Tonnen Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre geholt und unterirdisch eingelagert werden, dann kostet das mit der neusten Climeworks-Anlage 1600 bis 2400 Dollar.

Gespeichert wird das abgeschiedene Klimagas im Untergrund. Das kann beispielsweise im isländischen Basaltgestein geschehen, wo das CO₂ mineralisiert. Eine andere Möglichkeit ist, das CO₂ in alte Öl- und Gasförderstätten zu pressen. Sie werden so zu Endlagerstätten für CO₂.

Riesige Pilotfabrik in Louisiana

Climeworks selbst ist an einer riesigen Fabrik im US-Bundesstaat Louisiana beteiligt, die im kommenden Jahr gebaut wird. Jährlich soll dort eine Million Tonnen CO₂ aus der Atmosphäre geholt werden. Finanziert wird sie vom US-Energieministerium.

Luftaufnahme eines Industriekomplexes inmitten von Wald und Strassen.
Legende: So soll der Kohlendioxid-Staubsauger in Louisiana dereinst aussehen: 60 Module sollen dort pro Jahr eine Million Tonnen CO₂ aus der Luft herausholen. climeworks

In baslerischen Schweizerhalle wird nun ein Testwürfel für diese Fabrik gebaut. Er misst 26 mal 26 Meter und ist 22.5 Meter hoch. Die Kosten fürs Rausfiltern von CO₂ aus der Atmosphäre müssen allerdings weiter sinken. Wurzbacher rechnet damit, dass das Rausfiltern einer Tonne CO₂ bis 2050 noch 100 bis 200 Dollar kosten wird.

Eine gigantische Aufgabe für die Menschheit

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Grosse industrielle Anlagen zum Herausfiltern von CO2, Menschen und Autos im Vordergrund.
Legende: climeworks (Projektstudie)

Der Aufbau der CO₂-Filterindustrie ist eine riesige Herausforderung. Weltweit müssen Tausende solch gigantischer CO₂-Absaugfabriken gebaut werden wie jene in Louisiana und bald andernorts in den USA. Darüber hinaus braucht es Pipelines, um das abgeschiedene CO₂ zu transportieren und es braucht überwachte Endlagerstätten in der Tiefe.

Damit ist einmal mehr klar: Jedes Kilogramm CO₂, das wir nicht ausstossen, ist viel günstiger, als wenn wir es wieder raussagen müssen. Deshalb muss die Vermeidung von Treibhausgas-Emissionen weiterhin an erster Stelle stehen.

Und: Auch wenn das Herausfiltern von CO₂ aus der Atmosphäre aufwändig und teuer ist: In keinem der Szenarien des Weltklimarates IPCC kommen wir aus, ohne CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernen. Unterdessen sagen fast alle Klimawissenschaftler, dass wir uns wohl oder übel darauf einlassen müssen. Ausserdem wird es dazu unterschiedliche Technologien brauchen.

Sicher ist: Die Aufgabe ist gigantisch.

Das sei ambitioniert, aber nicht unrealistisch, sagen unabhängige Experten. Zu ihnen gehört der Professor für Klimafinanzierung Bjarne Steffen von der ETH Zürich. Er hat kürzlich eine Studie zum Thema publiziert.

Allerdings wird sich erst noch weisen müssen, ob der weitere Aufbau dieser riesigen CO₂-Absaugemaschinen genügend schnell hochgefahren und auch finanziert werden kann.

Echo der Zeit, 4.6.2024, 18:00 Uhr;kesm

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