Umgebungsluft ansaugen und an Filtern vorbeiführen, die das CO₂ auffangen: Die Anlagen von Climeworks funktionieren ähnlich wie Staubsauger, sagt Technologiechef Carlos Härtel: «Mit dem Unterschied, dass der Staubsauger kontinuierlich läuft. Bei uns gibt es eine Phase des Durchsaugens und eine Phase der Regeneration des Filters.»
Aufgefangenes CO₂ kann entweder weiter verwendet werden – zum Beispiel, um Wasser sprudelnd zu machen oder in der Landwirtschaft. Oder es wird in den Boden gepumpt und langfristig gelagert.
Grundsätzlich könne so eine Anlage irgendwo auf der Welt stehen, sagt Härtel: «Man kann die Anlagen dort hinstellen, wo sie am günstigsten sind – also dort, wo es ausreichend erneuerbare Energie und Speicherlagen gibt.» Zudem brauche es Infrastruktur, etwa für den Transport und Wartungsarbeiten.
Ambitionierte Ziele
Die ersten grösseren Anlagen hat Climeworks auf Island gebaut, weil dort sowohl klimafreundliche geothermische Energie als auch die Möglichkeit, das CO₂ im Boden zu lagern vorhanden ist. Bis jetzt saugen diese Anlagen ein paar Tausend Tonnen CO₂ pro Jahr an. Zum Vergleich: Allein die Schweiz stösst pro Jahr rund 45 Millionen Tonnen aus.
Im Millionen- beziehungsweise Mega-Tonnen-Bereich CO₂ aus der Atmosphäre holen, das will Climeworks bis 2030. «Das ist eine Hausnummer. Wenn man aber im Jahr 2050 CO₂ im klimarelevanten Massstab abschreiben will, müssen das eine bis drei Milliarden Tonnen im Jahr sein.»
Damit bis 2050 tatsächlich Milliarden Tonnen CO₂ aus der Luft gesaugt werden, muss die Technologie günstiger werden. Mit mehr und grösseren Anlagen will Climeworks den Preis von heute über 500 Franken pro Tonne CO₂ auf 100 bis 150 Franken drücken. Damit wäre CO₂-Absaugen preislich ungefähr gleichauf mit dem, was heute der Ausstoss einer Tonne CO₂ kostet – dort wo sie etwas kostet, zum Beispiel im europäischen Emissionshandel.
Oliver Geden, Klimapolitik-Forscher bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin mit Spezialgebiet CO₂-Entnahme aus der Atmosphäre, hält diese Preisentwicklung für realistisch. «Die Praxis wird es zeigen. Entscheidend wird nicht nur die Verbesserung der Filtertechnologie sein, sondern was der Energie-Input kosten wird.»
Technologie jetzt hochfahren
Dazu seien bald auch die Staaten gefordert. Diese werden bekanntlich nicht alle Treibhausgasemissionen – wie etwa jene von rülpsenden Kühen – verhindern können und deshalb auf CO₂-Entnahme angewiesen sein: «Wenn die Staaten das Netto-Null-Ziel ausgeben, sagen sie damit bereits Ja zur CO₂-Entnahme. Sonst wäre es bloss ein Null-Emmissionsziel und kein Netto-Null-Ziel. Dann sind sie auch verpflichtet, den Bereich auf- und auszubauen», sagt Geden.
Das Absaugen von CO₂ ist dabei nur ein möglicher Weg – andere «Negativ-Emissionstechnologien» sind das Einbringen von Pflanzenkohle im Boden oder das Aufforsten von Wäldern.
CO₂-Absaugen aus der Luft ist noch vergleichsweise teuer. Trotzdem müsse man die Technologie jetzt hochfahren, findet Klimapolitik-Forscher Geden: «Es genügt nicht, jetzt noch 20 Jahre abzuwarten und zu schauen, wie viele Emissionen es noch gibt.» Man müsse die Technologie jetzt fördern, Anreize schaffen und sie regulieren.
Sprich: Staaten müssen sich einigen, wie die Menge des abgesaugten CO₂ gemessen wird, wie ein Staat das Absaugen an die eigenen Klimaschutzbemühungen anrechnen kann, und so weiter.