Magdalena Martullo-Blocher wird des Ratssaals verwiesen, weil sie eine Maske trägt – ein Jahr ist diese Szene her. Heute werden jene des Saals verwiesen, die keine Maske tragen. Die Parlamentssäle gleichen einem Wald aus Plexiglas, zwei Speichel-Schnelltests gibt es für jeden Parlamentarier pro Woche, Besucher und Lobbyisten sind ausgesperrt. «Mehr können wir nicht machen», sagt Andreas Wortmann, Leiter Infrastruktur der Parlamentsdienste. 85'000 Franken hat der Bund alleine für Plexiglas ausgegeben.
Das Virus schafft es jedoch trotz aller Vorsichtsmassnahmen immer mal wieder ins Parlament: So entdeckten die Schnelltests bei Ständerat Josef Dittli letzte Woche Covid-19, er fehlt seither und bleibt in Isolation. «Allerdings gibt es bis heute keinen Nachweis, dass sich jemand im Bundeshaus selber angesteckt hat», sagt Wortmann, der die Schutzmassnahmen koordiniert.
300 statt 800 Personen anwesend
Ein Parlament zu betreiben, bedeutet immer, grosse Menschenmassen auf einem Haufen zu heben: 246 Parlamentarier plus Journalisten, Polizisten, Parlamentsangestellte und Beamte gehen ein und aus. Mindestens 300 Personen bewegen sich also gleichzeitig in den Sälen und der Wandelhalle, zeitweise aber auch mehr. «In einer normalen Session wären es 800 bis 1000 Personen», gibt Andreas Wortmann zu bedenken, «in meinen Augen sieht die Wandelhalle derzeit fast leer aus.»
Wahrscheinlich ist der grösste Teil des Parlaments ohnehin schon immun.
Bei so vielen Menschen im selben Gebäude über drei Wochen sind nahe Kontakte unvermeidlich. Zu den Hauptaufgaben des Parlaments gehört es, miteinander zu sprechen. Die empfohlenen Abstandsregeln können bei spontanen Sitzungen und Gesprächen in der Wandelhalle nie und nimmer eingehalten werden. Allerdings wird mittlerweile überall im Bundeshaus konsequent eine Maske getragen.
Leicht gelockerte Maskenpflicht
Vor der Frühlingssession liessen die Parlamentsdienste noch verlauten, neu gelte im Parlament immer und überall Masken-Tragepflicht, also auch am persönlichen Sitzplatz im Saal. Doch schon am ersten Tag lockerte Parlamentspräsident Andreas Aebi (SVP/BE) die Regeln wieder: Wer an seinem Platz sitze und die seitlichen Plexiglaswände runter klappe, dürfe die Maske auch mal abnehmen. Und auch, wer am Rednerpult spricht; schliesslich werden die Mikrofone nach jedem Sprecher desinfiziert.
Für Aufsehen wiederum sorgen einige Masken-Rebellen aufseiten der SVP: Sie tragen die Maske in der Wandelhalle gerne demonstrativ unter der Nase oder auch mal gar nicht, was für Kopfschütteln bei den anderen Parlamentariern sorgt.
«Von mir aus könnten wir die Maskenpflicht wieder über den Haufen werfen – genauso wie alle anderen Schutzmassnahmen», sagt etwa Erich Hess (SVP/BE). Das Parlament sollte seiner Meinung nach zur Normalität zurückkehren. «Ich gehe davon aus, dass die Risikogruppen mittlerweile geimpft sind. Und wahrscheinlich ist der grösste Teil des Parlaments ohnehin schon immun.»
Take-away in Parlamentarier-Restaurant
Eine der letzten Bastionen mit lockeren Regeln war die «Galerie des Alpes». Das Parlamentsrestaurant im Bundeshaus blieb – deklariert als Kantine – bislang offen, bis zur Wintersession waren über Mittag noch grössere Tische mit Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu beobachten. Nun wurden auch hier die Massnahmen verschärft
Für die Frühlingssession wurden die Stühle und Tische in der «Galerie des Alpes» noch weiter auseinander platziert. Neu können nur noch höchstens zwei Personen zusammen sitzen – die Sitzplätze wurden auf 40 Personen beschränkt. Dafür gibt es für die Volksvertreterinnen und Volksvertreter jetzt Take-away-Menüs, die sie in einem Sitzungszimmer vereinzelt hinter Plexiglas verspeisen können.