Seit ein paar Wochen steigen die Corona-Zahlen wieder. Das Virus drängt sich erneut ins Bewusstsein der Menschen – und auch der Behörden. Die Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren der Kantone haben sich am Vormittag getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Da sich der Anstieg der Fallzahlen zuletzt abgeschwächt hat, «sieht der Vorstand derzeit keinen Anlass für die Wiederaufnahme von Massnahmen», schreibt die GDK in einer Mitteilung.
Auch auf die generelle Empfehlung einer Maskenpflicht verzichtet die GDK. Denn jede und jeder könne sich selbst und andere schützen. «Masken sind in Situationen, in denen ein erhöhtes Übertragungsrisiko besteht, sinnvoll. Also zum Beispiel bei Menschenansammlungen oder im ÖV», schreibt der Vorstand der Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren weiter.
Für Jan Fehr, Infektiologe und Professor für Public & Global Health an der Universität Zürich, steht die Devise beim Maskentragen fest: «Das Credo sollte in erster Linie sein, die vulnerablen Personen mit Risiko für schweren Verlauf zu schützen.»
Daraus liesse sich ableiten: In Innenräumen von Gesundheitseinrichtungen ist die Maske sinnvoll. In Spitälern, Impfzentren, Alters- und Pflegeheimen gebe es die meisten Personen, die es zu schützen gilt. «Und man schützt zugleich auch das Gesundheitspersonal.»
Erste Kantone haben bereits eine Maskenpflicht in Spitälern eingeführt: Im Universitätsspital Zürich müssen Besucher seit Montag wieder eine Maske tragen. Es gilt, Risikopersonen zu schützen und Personalausfälle zu verhindern. Die Personalsituation sei in manchen Spitälern aufgrund der letzten zwei Pandemiejahre gezeichnet – das Personal erschöpft und die Reihen ausgedünnt, wie Fehr sagt.
Der Infektiologe weist zudem darauf hin, dass man auch die Situation ausserhalb des Gesundheitssektors im Auge behalten müsse: Es könne zu Problemen bei der Aufrechterhaltung des Service Public führen, wenn zu viele Leute krank zu Hause liegen.
Deshalb findet Fehr: «Käme es in der Bevölkerung aufgrund steigender Fallzahlen zu vielen Ausfällen am Arbeitsplatz, dann wissen wir, dass Maskentragen ein effizientes Mittel darstellt, die Pandemie zu kontrollieren.» Mit dem Rückblick auf die vergangenen zwei Jahre sei die Maske das wohl am wenigsten einschneidendste Mittel im Vergleich zu anderen Massnahmen. Auch deshalb sei diese Frage immer eine politische Entscheidung.
«Individuell ist zu überlegen, ob man aus Respekt den vulnerablen Personen gegenüber auch eine Maske anzieht, wenn man sieht, dass das Gegenüber eine Maske trägt», meint Fehr. Er selber würde dort eine Maske tragen, wo er nicht genau wisse, wer vulnerabel sein könnte.
Käme es in der Bevölkerung zu vielen Ausfällen am Arbeitsplatz, dann wissen wir, dass Maskentragen ein effizientes Mittel darstellt, die Pandemie zu kontrollieren.
In seinem Berufsalltag hört der Infektiologe vermehrt «Stimmen, welche sagen: Mir geht es mit Maske besser und ich habe keine Lust, im Winter immer wieder erkältet zu sein.» Dies sei sozusagen die egoistische Komponente, die aber gleichzeitig allen helfen würde.
Die Frage, für wen die Pflicht zum Tragen einer Maske wo sinnvoll ist, könne für diesen Winter aber aktuell nicht wirklich beantwortet werden, sagt Fehr. «Wir müssen leider an der mittlerweile gut bekannten Strategie anknüpfen: nämlich flexibel darauf reagieren, wie es kommt.»
Eine Prognose, welche dann wieder revidiert werden müsse, mache keinen Sinn. «Mit dieser Bescheidenheit müssen wir in die kältere Jahreszeit.»