Das Schweizer Hilfsnetz ist gut gewoben, dicht und es trägt in vielen Fällen, und auch in der Coronakrise. Der Geschäftsführer der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos), Markus Kaufmann, sagt: «Generell können wir feststellen, dass das Netz der sozialen Sicherheit in den letzten Monaten funktioniert. Wir haben keinen generellen Anstieg bei der Sozialhilfe.»
Taugliches Versicherungssystem
So haben die Sozialämter, abgesehen von Luzern und Genf, keinen signifikanten Anstieg der Gesuche festgestellt. Skos-Präsident, der liberale Nationalrat Christoph Eymann, sagt dazu: «Die Unterstützungen der vorgelagerten Sozialversicherungen sind tauglich für einen grossen Teil der Betroffenen.»
Arbeitslosenversicherung, Erwerbsersatz oder sonstige Hilfsprogramme springen ein und helfen, dass die Betroffenen nicht in der Sozialhilfe landen. Trotzdem hatten die Sozialhilfeämter viel zu tun im Krisenjahr.
Sie wurden zur Erstanlaufstelle für viele Menschen ohne soziale Kontakte oder mit Zukunftsängsten. Skos-Geschäftsführer Markus Kaufmann: «Es gibt auch ganz viele Personen, die sich an die Sozialhilfe wenden und Fragen haben. Dies sind Fragen zu anderen Sozialversicherungen, Fragen, wie sie die Zukunft meistern können.»
Aus Angst keine Hilfe gesucht
Hilfe gesucht haben viele. Einige wenige, die eigentlich Anrecht hätten, hingegen nicht. Sie meldeten sich nicht aus Angst vor Stigmatisierung oder, dass sie das bezogene Geld wieder zurückzahlen müssten. Oder gar, weil sie fürchteten, vielleicht die Schweiz verlassen zu müssen.
«Jetzt haben wir Situationen, dass Leute, die 15 oder 20 Jahre in der Schweiz sind und hier gearbeitet haben und in eine Notsituation kommen, Angst haben, dass sie ihre Niederlassungsbewilligung verlieren», sagt Kaufmann. Ausländerinnen und Ausländer, die Sozialhilfe beziehen, könnten gemäss Ausländer- und Integrationsgesetz ihre Aufenthalts- Niederlassungsbewilligung verlieren.
Wer in diesem Fall auf Sozialhilfe verzichte, gehe das Risiko ein, sich zu verschulden. Er oder sie könnte die Wohnung verlieren. Im schlimmsten Fall landeten diese Personen auf der Strasse oder leiden Hunger, warnt die Sozialhilfe-Konferenz.
Aussichten sind nicht gut
Auch wenn die Fallzahlen nicht gestiegen sind, die Aussichten seien trübe. Sobald die Hilfsmassnahmen ausliefen und die Langarbeitslosen ausgesteuert werden, dann stiegen die Fallzahlen.
Die Gemeinden und Kantone müssten in zwei Jahren mit einer zusätzlichen Belastung zwischen einer halben und einer ganzen Milliarde rechnen. Zurzeit kostet die Sozialhilfe 2.8 Milliarden Franken jährlich.
Eine zusätzliche Belastung sei die auslaufende Unterstützung des Bundes für Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene. Skos-Präsident Christoph Eymann: «Wenn es eine zu grosse Belastung wird, dann wird es wieder ein Thema, dass der Bund gebeten werden soll, zusätzliche Gelder für diese Kategorien für Sozialhilfebeziehende zu sprechen.»
Politisch fordert die Skos, ein Zusammenschluss der Kantone, Gemeinden und privaten Hilfsorganisationen, der Bund müsse die bereits beschlossenen Hilfsmassnahmen weiterführen, bis die Pandemie zu Ende sei. An die eigenen Mitglieder gerichtet ist der Appell, innerhalb der Kantone einen Lastenausgleich einzuführen. Sodass zukünftig stärker betroffene Gemeinden finanziell nicht übermässig belastet würden.