«Testen, testen, testen», lautete die Losung der Weltgesundheitsorganisation WHO schon im März zu Beginn der Corona-Pandemie. Im Herbst fingen erste Länder mit flächendeckenden Massentests an. Nun will auch der Bundesrat deutlich mehr testen. SRF-Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler erklärt, wie die Strategie umgesetzt werden könnte – und warum sie Schulschliessungen vorbeugen könnte.
SRF News: Nehmen wir das Beispiel Altersheime: Wie muss man sich da systematisches Testen vorstellen?
Thomas Häusler: Es geht darum, Personal und Bewohnerinnen und Bewohner möglichst vollständig und regelmässig zu testen. Ein Test ist immer nur eine Momentaufnahme: Ich werde heute getestet, bin negativ – aber vielleicht nur, weil es noch zu früh nach der Ansteckung ist oder ich stecke mich kurz danach an.
Am besten wären also tägliche Tests, aber das geht kaum – zweimal wöchentlich ist eher realistisch. Erleichtert werden die Tests, weil das Personal der Heime geschult werden kann, um die Proben vor Ort selbst zu nehmen. In Gesprächen habe ich gehört, dass viele Altersheime nun solche Screenings machen wollen. Wichtig wird aber sein, dass möglichst das ganze Personal und alle Bewohner mitmachen.
Wie würden die Seniorinnen und Senioren denn getestet? Mit dem unangenehmen Abstrich mit dem Stäbchen, oder gibt es bereits genügend Speicheltests in der Schweiz?
Die Speicheltests helfen sicher dabei, dass alte Menschen regelmässige Tests eher akzeptieren. Die Kapazität ist eine wichtige Frage. Verschiedene Experten haben mir gesagt, es gebe mittlerweile viele Anbieter und das sollte klappen.
Auch in Schulen sind solche Massentests denkbar, wenn auch mit grossem logistischem Aufwand. Lohnt sich dieser Aufwand oder ist das zu teuer?
Es gibt Methoden, um den Aufwand deutlich zu reduzieren. Dazu gehören auch die Speicheltests. Damit können Schüler und Lehrer die Probe selbst nehmen – man braucht also kein Personal dafür. Bei solch regelmässigen Tests werden zuerst alle Proben einer Klasse zusammengekippt und getestet. Erst wenn die Probe einer Klasse positiv ist, werden danach alle einzeln getestet.
Das sind zwar Kompromisse – der Speicheltest ist nicht ganz so empfindlich wie ein Nasenabstrich, aber immer noch gut. Viele Experten sind der Ansicht, dass sich das lohnt, weil so viele unerkannt Infizierte gefunden und Übertragungsketten unterbrochen werden könnten. So können die Schulen eher offen bleiben. Es ist auch nicht zu erwarten, dass nun gleich alle Kantone alle Schulen durchtesten. Aber sie können es dort tun, wo sie es für besonders sinnvoll halten. Zum Beispiel dort, wo die Schüler von vielen Gemeinden zusammenkommen.
Der Bund will also viel breiter Testen. Welche konkreten Erwartungen sind mit dieser neuen Strategie der Massentests verknüpft?
Der Bund tut das, was viele Experten schon lange gefordert haben. Einerseits kann man damit die bestehenden Massnahmen unterstützen, damit die Fallzahlen schneller sinken. Und es hilft auch im Hinblick auf die neuen ansteckenderen Virus-Varianten: Die wissenschaftliche Taskforce hat geschätzt, dass es für deren Eindämmung neben den geltenden Massnahmen zusätzlich mehr Tests und Contact Tracing braucht, die zusammen die Ansteckungen zusätzlich um etwa 30 Prozent reduzieren. Die ausgeweitete Teststrategie kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten.
Das Gespräch führte Roger Brändlin.