Die Schweiz sei finanziell bereit für diese Krise, sagt Volkswirtschaftsprofessor Marius Brülhart von der Universität Lausanne. Er orientiert sich bei seiner Wortwahl am deutschen Finanzminister, der davon sprach, Deutschland setze die Bazooka gegen die wirtschaftliche Coronakrise ein.
Geld sei da – Brülhart sagt es so: «Das Munitionslager ist prall gefüllt. Wir können dieser Krise zumindest in finanzieller Hinsicht optimistisch entgegenblicken.» Dies, weil die Wirtschaft in den letzten Jahren gut lief und die Steuereinnahmen flossen.
Schuldenbremse hat gewirkt
Dazu beigetragen habe auch die Schuldenbremse: Sie schreibt vor, dass der Bund bei durchschnittlicher Wirtschaftslage nicht mehr ausgibt, als er einnimmt. Das habe gewirkt. «Die Staatsausgaben sind zwar auch gewachsen. Auch dank der Schuldenbremse, die gegriffen hat, waren sie aber unter Kontrolle», erklärt Brülhart. Die Verschuldung sei sukzessive gesenkt worden. Mittlerweile habe die Schweiz unter den OECD-Ländern mit die tiefsten Staatsschulden.
Die Schuldenbremse habe aber auch Schattenseiten, wendet SP-Finanzpolitikerin Barbara Gysi ein. «Wegen der Schuldenbremse haben wir in den letzten Jahren viele wichtige Investitionen nicht gemacht oder verzögert.» Die finanzpolitische Situation der Schweiz sei aber sehr gut. Man sei in der Lage, die Krise gemeinsam zu meistern.
Zig Milliarden zur Krisenbewältigung
Konkret: Bereit liegen die zehn Milliarden Franken Soforthilfe, die der Bundesrat bereits in Aussicht gestellt hat. Der grösste Teil davon ist nicht neu gesprochenes Geld, sondern der Betrag, der im Fonds der Arbeitslosenversicherung zur Verfügung steht.
Zusätzlich könnte der Bund derzeit knapp 5.5 Milliarden Franken einsetzen, ohne die Regeln der Schuldenbremse zu verletzen, heisst es bei der Eidgenössischen Finanzverwaltung auf Anfrage. In diesem Betrag enthalten sind unter anderem mehrere Milliarden Franken aus früheren ausserordentlichen Einnahmen, etwa aus der Versteigerung von Mobilfunk-Frequenzen.
Ich bin sehr offen dafür, dass man die Schuldenbremse in dieser ausserordentlichen Lage aussetzt.
Nur werde all das nie ausreichen, heisst es von links bis rechts. Der Präsident der Finanzkommission etwa, FDP-Nationalrat Albert Vitali, ist überzeugt, dass es «zig Milliarden Franken brauchen wird, um den Schaden zu minimieren.» Gar 100 Milliarden Franken schlagen zwei Wirtschaftsprofessoren der ETH vor. Dafür müsse der Bund vorübergehend die Schuldenbremse aussetzen, auch wenn das schmerzlich sei.
In normalen Zeiten warnen Ökonomen meist davor, die Schuldenbremse zu lockern – wie auch FDP-Finanzpolitiker Vitali. Heute sagt er: «Wenn es ein Problem mit der Schuldenbremse gibt, muss man diese Diskussion führen. Ich bin sehr offen dafür, dass man die Schuldenbremse in dieser ausserordentlichen Lage aussetzt.»
Für Krisenfälle wie jetzt sieht die Schuldenbremse aber ausdrücklich eine Ausnahmebestimmung vor: Dann kann der Bund auch einmal viel mehr Geld ausgeben, als die Schuldenbremse erlaubt – und doch seine sonstigen Aufgaben weiter finanzieren. So wie zuletzt bei der Rettung der UBS.
Damals spielte auch die Schweizerische Nationalbank eine wichtige Rolle. Auch jetzt wird eine Beteiligung der SNB diskutiert, die ein Rekordjahr hinter sich hat und erst gerade ihre Ausschüttungen an Bund und Kantone verdoppelt hat. Allerdings sehen weder Volkswirtschafter Brülhart, noch Finanzpolitiker die SNB als den Hauptakteur bei dieser Krise.