Das Virus ist jetzt in der Schweiz angekommen. Was für Massnahmen können vom Arbeitgeber verlangt werden, um eine Ansteckung am Arbeitsplatz zu verhindern? Und welche Massnahmen muss der Arbeitnehmer umsetzen? Thomas Geiser, Experte für Arbeitsrecht und emeritierter Professor der Hochschule St. Gallen, zu den wichtigsten Fragen.
Was müsste der Arbeitgeber in einer Pandemiesituation tun?
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, alle Massnahmen zu ergreifen, die für die Gesundheit des Arbeitnehmers notwendig sind. Diese müssen aber notwendig, angemessen und zumutbar sein. Die von den Behörden angeordneten Schutzmassen muss er zwingend umsetzen. Die Behörden geben meist aber nur Empfehlungen ab. Daher soll ein Betrieb allenfalls selbst seine Situation analysieren und zusätzliche Schutzmassnahmen treffen.
Was für Schutzmassnahmen sind zulässig?
Das hängt immer von der konkreten Art der Arbeit ab. Die Arbeitnehmer anzuhalten, Masken und Handschuhe zu tragen, sofern das die Situation am Arbeitsplatz verlangt, ist eine zumutbare Massnahme. Dass aber der Arbeitgeber die Körpertemperatur der Angestellten misst, ist heikel. Es kann aber durchaus verlangt werden, dass Spital- und Altersheimangestellte vor der Arbeit Fieber messen müssen.
Darf der Arbeitgeber eine Reise nach China oder Italien verbieten?
Es kann verlangt werden, dass der Rückkehrende für einige Zeit in Quarantäne bleibt und zu Hause arbeitet.
Darf der Arbeitnehmer nur noch von zu Hause aus arbeiten?
Das kommt ganz auf die Situation an. Der Arbeitnehmer darf nicht einfach hysterisch reagieren. Er muss eben auch die Interessen des Arbeitgebers wahren. Ich rate den Leuten in solchen Situationen immer, direkt das Gespräch mit dem Vorgesetzten zu suchen und Lösungen zu erarbeiten.
Was ist, wenn die Situation sich zuspitzt?
Wenn es schlimmer wird, können sie nicht einfach das ganze gesellschaftliche Leben lahmlegen. Es gibt einfach Betriebe, die weiterlaufen müssen. Spitäler zum Beispiel oder die Kehrichtabfuhr. Auch die Versorgung der Bevölkerung muss garantiert bleiben. Dass dann aber mehr Leute von zu Hause arbeiten, das ist in dieser Situation sicher vertretbar.
Haftet der Arbeitgeber, falls seine Angestellten während der Arbeit krank werden?
Er haftet, falls er die vorgeschriebenen Schutzmassnahmen nicht umsetzt. Aber auch ein Angestellter kann haften, wenn er krank wird und typische Symptome wie Husten und Fieber hat und trotzdem zur Arbeit geht. Ein solches Verhalten kann unter Umständen strafbar sein, wenn es ein bewusstes oder fahrlässiges Verbreiten von Krankheiten bewirkt und so das Leben anderer gefährdet.
Tagesschau, 26.2.2020, 19:30; srf/hosb